Artikel vom 23.11.2023
Freiflächen-Photovoltaik-Analyse
Kehrtwende bei der Energiewende
Freitag, 24. November 2023, Erdinger Anzeiger / Lokalteil
Kehrtwende bei der Energiewende
Im vierten Anlauf Ja zu Freiflächen-Photovoltaik-Analyse – Windrad endgültig vom Tisch
VON MARKUS SCHWARZKUGLER
Wartenberg – Das Windrad-Projekt in Auerbach ist nach der Sitzung des Wartenberger Marktrats am Mittwoch nun auch offiziell beerdigt. Von den Toten wiederauferstanden ist dagegen die Standortanalyse für Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Dass der Markt eine solche erstellen lässt, wurde vom Gremium bereits dreimal abgelehnt. Im vierten Anlauf gab es nun nach einer engen Abstimmung plötzlich grünes Licht, was die Gegner des Projekts auf die Palme brachte. Vor diesem nächsten Kapitel aus dem Endlosroman „Kuriose Debatten im Marktrat“ noch kurz zum Windrad. Dazu stellte Bürgermeister Christian Pröbst (CSU) klar, dass man dem Bürgerwillen Folge leisten wird: „Wir akzeptieren das natürlich“, sagte er. Wortmeldungen gab es keine.
Der Beschluss: „Das Bauleitplanverfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes und zur Aufstellung des Bebauungsplanes für die Windenergie in Auerbach wird eingestellt.“ Doch nun zur Freiflächen-PV. SPD-Rat Michael Paulini hatte in der vorangegangenen Marktratssitzung angeregt, noch einmal in öffentlicher Sitzung abstimmen zu lassen, ob ein Kataster für potenziell geeignete Flächen erstellt werden soll. Die Kosten dafür wären, wie berichtet, gering. Zuvor war die Beauftragung in nichtöffentlicher Sitzung zum dritten Mal abgelehnt worden. Warum also die erneute Abstimmung? Wie Paulini, Bürgermeister Pröbst und auch VG-Verwaltungsleiter Werner Christofori teils aufgebrachten Ratsmitgliedern erläuterten, haben sich die Rahmenbedingungen aufgrund des abgelehnten Windrads geändert. Die erneute Abstimmung ist ihnen zufolge deshalb also legitim. „Ich fände es wichtig, die Analyse weiterzuverfolgen“, sagte Pröbst.
Die Energiewende sei ins Stocken geraten. Immerhin konnte er noch auf PV auf Strogenhalle, Kläranlage und Feuerwehr, drei kleinere Wasserkraftanlagen und das Nahwärmenetz verweisen. Doch „es bleibt nicht mehr viel“, so Paulini, der von „schlechten Tagen für Wartenberg“ sprach. Man müsse mit der Analyse „was anschieben“. Würde man immer nur auf die Märkte warten, „dann hätten die Landwirte heute keine PV-Anlagen auf den Dächern“.
Franz Gerstner (CSU) ärgerte sich. Warum sei das Windrad eine neue Ausgangslage? – „ich verstehe das nicht“. Christofori konnte das sehr wohl verstehen und reagierte seinerseits mit Unverständnis. Warum die Räte denn dann zu Beginn der Sitzung einstimmig die Tagesordnung (und damit auch die Abstimmung) genehmigt hätten?, wollte er wissen. Josef Sedlmaier (CSU) wetterte: „Ich mach’ das jetzt in Zukunft auch so, dass ich den Wortlaut ein bisschen ändere, bis das für mich richtige Ergebnis kommt.“ Jeder Landwirt könne auch so eine Freiflächen-PV-Anlage beantragen. Und das würden auch mehr tun, „wenn sich die Rahmenbedingungen der Politik ändern“. Dächer seien wesentlich besser geeignet für PV als landwirtschaftliche Flächen. Man müsse hier nicht das Geschäft von „irgendwelchen Ingenieurbüros“ ankurbeln.
Dominik Rutz (Grüne) gab Sedlmaier Recht, dass Dächer sinnvoller seien. Er betonte aber auch, dass man die Eigentümer nicht zu etwas zwinge, es könne jeder selber entscheiden. Bei der Analyse gehe es vielmehr um eine „Hilfestellung“ für die Bürger – um eben zu sehen, welche ihrer Flächen in Frage kommen würden. Weitere positive Aspekte laut Rutz: Artenvielfalt und Bodenregeneration. Und Pröbst betonte, dass kein Feld durch die Anlagen zerstört werde – „man kann die ja auch aufständern“. Sein Bruder Michael Pröbst (CSU) betonte, er sei zwar nicht gegen eine solche Anlage, halte es aber für den falschen Weg, einem Büro Daten der Bürger weiterzuleiten, das dann auf diese zugehen könne. Rutz widersprach dem, denn erst gebe es eine Infoveranstaltung, und dann könnten sich die Bürger, die Interesse hätten, melden.
Eine Gegenstimme kam von Eduard Ertl (Neue Mitte). Freiflächen-PV stehe in direkter Konkurrenz zu den Pächtern. Es brauche Speicher und Leitungen – „oder ich produziere Wasserstoff. Aber da sind wir noch nicht so weit.“ Vielmehr sollte man die Bürger intensiver auf die Möglichkeit hinweisen, auf ihren Dächern eine PV-Anlage zu installieren. Am Ende fiel das Votum hauchdünn mit 10:9 Stimmen für die Beauftragung der Analyse aus. „Dann tun wir’s beim nächsten Mal ein fünftes Mal auf die Tagesordnung“, spottete Gerstner. Und Landwirt Simon Grandinger (CSU) stellte den Antrag, dass man dann bitte im kommenden Jahr noch einmal abstimme, denn dann müssten vier Prozent der landwirtschaftlichen Flächen stillgelegt werden. Für ihn ein klarer Fall von neuer Ausgangslage.