Artikel vom 08.03.2021
Markt weist Rückhalteflächen an Strogen aus
Hochwasserschutz: Wartenberg sichert sich ab
Montag, 8. März 2021, Erdinger Anzeiger
Hochwasserschutz: Wartenberg sichert sich ab
Markt weist Rückhalteflächen an Strogen aus – Anwohner fühlen sich beim Bauen behindert
VON MARKUS SCHWARZKUGLER
Wartenberg –
Einen wichtigen Schritt beim Hochwasserschutz ist der Wartenberger Marktrat gegangen: Er hat in seiner Sitzung am Mittwoch die fünfte Änderung des Flächennutzungsplans mit einem Feststellungsbeschluss abgesegnet. Allerdings ist nicht jeder Anwohner begeistert: So mancher sieht sich in seiner baulichen Entwicklung künftig beeinträchtigt.
Die Änderung hat zwei Gründe: Sie soll der Gemeinde einen Bebauungsplan am Burggraben ermöglichen sowie Retentionsflächen für den Hochwasserschutz entlang der Strogen ausweisen. Insgesamt umfasst die Planänderung das amtliche Überschwemmungsgebiet auf 167 Hektar. Darin befinden sich die beiden Bereiche „Hochwasserschutz Nord“ (56 000 Quadratmeter) und „Hochwasserschutz Süd“ (36 000 Quadratmeter). Auf sie konzentriert sich die Gemeinde, denn sie befinden sich in Ortsnähe.
Wie Bürgermeister Christian Pröbst (CSU) mitteilte, habe das Wasserwirtschaftsamt neue Höhen für ein HQ100 berechnet, also für ein Hochwasser, das statistisch gesehen nur alle 100 Jahre vorkommt. Hintergrund ist das verheerende Hochwasser von 2013. Die neuen Werte seien nicht viel abgewichen von den Berechnungen der Anwohner, von denen sich einige im Publikum in der Strogenhalle befanden. Nur diese berechneten Werte hätten vor Gericht Bestand, betonte Pröbst. „Wir schützen neue Bebauung an den Stellen, an denen der Bestand betroffen ist“, erklärte er außerdem.
Architekt Franz Pezold stellte die Stellungnahmen der Behörden und Träger öffentlicher Belange vor. Spannender waren aber die Einwände fünf betroffener Bürger, die – teils über ihre Anwälte – ihre Sorgen hervorgebracht hatten.
Eine Anwohnerin hatte einen Antrag auf ein Doppelhaus am Burggraben gestellt. Der Markt war von diesem Vorhaben wenig begeistert, reagierte mit einer Veränderungssperre und wollte eben einen Bebauungsplan für den Bereich aufstellen. Die Frau schrieb nun in der öffentlichen Beteiligungsrunde, dass sich ihr Bau im Genehmigungsverfahren befinde und allein aufgrund des verweigerten Einvernehmens der Gemeinde noch nicht genehmigt sei. Außerdem durchquere eine geplante Straßenverbreiterung ihre Grundstücke, was einer Enteignung gleichkomme. Sie habe schon einen Vorbescheid erteilt bekommen, bevor der Markt eine Veränderungssperre erlassen habe. Zudem überplane die Gemeinde ohne ihre Zustimmung eines ihrer Grundstücke für einen Kinderspielplatz.
Streit um Standort eines Doppelhauses
Die Gemeinde hatte für das Vorhaben einen anderen Standort vorgeschlagen. Doch dieser liegt gegenüber dem Parkplatz des Bergcafés. Die Frau befürchtet folglich, dass ihr die Baugenehmigung aus lärmtechnischen Gründen verweigert werden könnte.
Ein schwieriges Thema also. Die Räte beschlossen auf Vorschlag Pezolds, die Planung im Bereich Burggraben bis zu einer Entscheidung über die Baugenehmigung zurückzustellen. Denn dem Planer zufolge wären Teile des Flächennutzungsplans nicht mehr realisierbar, sollte das Bauvorhaben genehmigt werden.
Eine weitere Anwohnerin moniert, dass sich eine neu ausgewiesene Grünfläche in einem Bereich befinde, für den ihr eine genehmigte Bauvoranfrage vom Landratsamt vorliege. „Dieser Vorbescheid war uns nicht bekannt“, gestand Pezold. Alle anderen Vorhaben habe man aber berücksichtigt. Der Bereich werde nicht in eine Grünfläche geändert, versprach er.
Ein Anwalt schrieb außerdem, dass die Darstellung von Retentionsflächen weder inhaltlich noch zeitlich notwendig sei. Zudem ist er der Meinung, dass Teile der Gründstücke nördlich der Thenner Straße, östlich der Zustorfer Straße und westlich der Strogen im Innenbereich liegen und sich diese Bereich baulich noch fortentwickeln könnten. Pezold stellte klar, dass er das anders sehe und sich das Ganze im Außenbereich befinde. Er und Markus Straßberger (CSU) sahen Widersprüche in der Argumentation des Anwalts.
In einem Fall berichtete Pröbst von einem Gerichtsurteil, das dem Markt klar Recht gegeben habe, dass sich die betroffenen Flächen im Außenbereich befinden.
Ein weiterer Jurist schreibt von „schwerwiegendsten Konsequenzen“ für seine Mandantin, „nämlich dem Verlust einer Bebauungsmöglichkeit“. Entgegen der Befürchtung der Anwohnerin „berührt die Planung keine Ansprüche auf Erteilung einer Baugehnemigung“, befand Pezold. Für das betroffene Grundstück, das im Plan als Grünfläche ausgewiesen sei, sei schon bisher keine Bebauung vorgesehen gewesen – „der Eingriff in das Privateigentum ist durch die Erhaltung der Retentionsfläche für den Hochwasserschutz gerechtfertigt“, so Pezold.
Als unbegründet bezeichnete er außerdem den Einwand, dass der Bau der Märkte von Edeka, Netto und Roßmann die Retentionsflächen überhaupt erst nötig gemacht habe:
Zum Glück nicht nah am Wasser gebaut
„Die Märkte wurden nicht im Überschwemmungsgebiet des hundertjährlichen Hochwassers errichtet. Deshalb hatten die Grundstücke keine Rückhaltefunktion, die jetzt ausgeglichen werden müsste.“
„Ich bin saufroh, dass wir jetzt eine juristische Sicherheit haben“, sagte Straßberger. Er sprach von einem „Glücksfall, dass der Bereich so nah am Wasser noch nicht bebaut ist“. Darauf hatte wie berichtet auch Stefan Homilius vom Wasserwirtschaftsamt einmal im Marktrat hingewiesen – ihm zufolge ein Vorteil für die Wartenberger im Vergleich zum Hochwasserschutz der Stadt Erding.
Straßberger konnte sich noch vorstellen, Retentionsflächen eventuell für Spaziergänge oder Aufenthalte attraktiv zu gestalten.