Ortsverband Wallerfing

Edmund Stoiber Ehrenvorsitzender der CSU

"Superstar" Edmund Stoiber überzeugt bei CSU-Kundgebung im Festzelt

Der Mann weiß, wovon er redet und wie man die Zuhörer in Bann zieht. Mit vollem Einsatz seiner Mimik und Gestik ließ Edmund Stoiber im Wallerfinger Festzelt 50 Jahre Zeitgeschichte Revue passieren. − Foto: Schiller

-Wallerfing- Aufgrund der namhaften Rednerliste bei der politischen Kundgebung des CSU-Kreisverbandes Deggendorf sind die Parkplätze in Wallerfing am Volksfestmontag traditionell voll belegt. Heuer mussten die Festbesucher ihre Autos sogar weit vor den Ortszufahrten abstellen, denn mit dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber war ein echter "Superstar" zu Gast, der noch immer die Massen anzieht und begeistert.

Stoibers Popularität erklärt sich auch durch sein "alter ego", das Kabarettist Wolfgang Krebs parodiert. Wer jedoch ins überfüllte Festzelt gekommen war, um "Ähs", Versprecher und Wortverdreher wie die "gluderne Lot" zu hören, ging enttäuscht wieder nach Hause: Der 75-Jährige gab in seiner gut einstündigen Rede mimik- und gestenreich einen blitzsauberen Abriss über die letzten 50 Jahre Zeitgeschichte, ohne sich auch nur einmal zu verhaspeln. Wie Insider betonten, war es die beste Rede von Stoibers bislang drei Auftritten in Wallerfing. Seine angeschlagene Gesundheit hatte der CSU-Ehrenvorsitzende mit einer Cortison-Spritze gestärkt.

Nach der Begrüßung der Ehrengäste durch den CSU-Ortsvorsitzenden Hans Bär hieß Bundestagskandidat Thomas Erndl den "Oberklartextredner" Stoiber willkommen. Dieser drehte das Rad der Zeit zurück ins Jahr 1968, als es ebenso gewalttätige Demonstrationen gegeben hat wie eben erst beim G-20-Gipfel in Hamburg. An den Ausschreitungen hätten die Verantwortlichen teils selber schuld. "So etwas wie die ‘Rote Flora‘ wäre in Bayern überhaupt nicht möglich", sagte Stoiber. Wie mit solchen "Chaoten" und Extremisten umzugehen ist, habe Bayern beim G-7-Gipfel 1992 vorgeführt: Damals kesselte die Polizei die Demonstranten in München ein und hielt sie über Stunden fest. Der damalige Ministerpräsident Max Streibl meinte dazu nur, dass "hartes Hinlangen bayerische Art" sei. Stoiber, damals Innenminister, bedauerte zwar, dass auch friedliche Demonstranten darunter leiden mussten, aber eben auch vermummte und gewaltbereite Täter im Pulk gewesen seien.

Dass nun von Linken und Grünen die Schuld an den Ausschreitungen auf die Polizei geschoben werde, ist für Stoiber nicht hinnehmbar. "Die Beamten wurden mit Molotow-Cocktails, Pflastersteinen und Stahlkugeln bombardiert und hatten Angst in den Augen." Darüber will er morgen als Talkgast bei Maybrit Illner sprechen. Er selbst sei mit Strauß im Kampf gegen RAF und APO "im ersten Kassiber" gestanden. Linksextreme erfreuten sich aufgrund ihrer vermeintlich sozialen Grundausrichtung immer noch einer gewissen Sympathie bei Intellektuellen. "Wenn der Terror von rechts gekommen wäre, hätte es nicht unisono in ganz Deutschland einen Bürgeraufstand gegeben?", fragte Stoiber und stellte klar: "Extremismus bleibt Extremismus, egal von welcher Seite!"


1968 erlebte Deutschland seine erste Krise nach dem Wirtschaftswunder. Geschockt über diese Zustände wählten die Bürger sogar die NPD in den Bayerischen Landtag. Jeder dritte Arbeitsplatz wurde damals in der Landwirtschaft gestellt, gleichzeitig begann mit der Ansiedelung von BMW in Dingolfing die industrielle Zukunft in Ostbayern. Bis dahin galt die Region als "Armenhaus" im Freistaat, heute sei es eine Aufsteigerregion mit geringer Arbeitslosigkeit. "Wir sind die Nummer 1 in der Republik und jeder will so gut sein wie wir", betonte der Redner. Die gelungene Verbindung zwischen Tradition und Fortschritt hat Stoiber mit "Laptop und Lederhose" als Stichwort benannt. Mit zunehmender Mechanisierung ging jedoch die Zahl der bäuerlichen Familienbetriebe immer weiter zurück. Es folgten die Elektrifizierung und "Computerisierung", jetzt stehe die Gesellschaft vor der Digitalisierung. "Wir haben unser Schicksal selbst in der Hand", unterstrich Stoiber und stellte fest: "Die Zukunft lässt sich nicht aufhalten, nur gestalten!"

Die kulturelle Identität Bayerns sei geprägt von einem christlichen Menschenbild, das jeden Menschen in seiner Würde als einzigartig anerkennt, die Gleichberechtigung von Mann und Frau fördert sowie Solidarität mit den Schwachen in der Gesellschaft garantiert. Deutschland habe sich seit Weltkriegsende vom verhasstesten zu einem der beliebtesten Länder der Welt entwickelt. Dass so viele Flüchtlinge hier eine neue Heimat suchten, sei eine große Bewährungsprobe. "Unser Herz ist weit für alle politisch, religiös oder rassistisch Verfolgten, doch alle können wir nicht aufnehmen", zitierte Stoiber den Ex- Bundespräsidenten Joachim Gauck. Ein Flüchtlingsansturm wie im Jahr 2015/16 dürfe sich nicht wiederholen. Integration sei die Aufgabe einer ganzen Generation und wer in Bayern leben wolle, müsse auch die Geschichte des Landes "inhalieren" und gesellschaftliche Grundzüge wie z.B. die historische Verantwortung gegenüber Israel anerkennen.

"Die Zeit dreht sich weiter, die Welt verändert sich und wird schwieriger", stellte Stoiber fest und sprach die täglichen Terroranschläge in Krisengebieten wie Irak und Syrien an. Für die Menschen in Europa gehe es um die Frage, was sie an Traditionen bewahren und was sie an Neuem übernehmen wollen. Die EU müsse einheitliche Positionen finden und verlässliche Werte schaffen. "Über Jahrhunderte gewachsene Strukturen sollte man nicht einfach mit einem Federwisch wegfegen", sagte er z.B. zum Thema "Ehe für alle". Hier gelte in Bayern die Devise: "Liberal samma scho, aber bled samma ned!"

"Liberal samma scho, aber bled samma ned!"


"Bayern ist unsere Heimat, Deutschland unser Vaterland und Europa unsere Zukunft", zitierte Stoiber seinen politischen Ziehvater Franz-Josef Strauß. Dabei verwehrte er sich jedoch energisch gegen eine europäische Arbeitslosenversicherung und eine Einlagesicherung für Banken. Nötig hingegen seien eine gemeinsame EU-Verteidigungspolitik und ein internationaler Datenaustausch zur Terrorabwehr.

Staatssekretär Bernd Sibler dankte Stoiber dafür, dass er der Bitte von Landrat Christian Bernreiter nachgegeben habe und nach Wallerfing gekommen sei. Mit seiner Leidenschaft und seiner Authentizität sei der Ehrenvorsitzende ein Vorbild für jeden CSU-Wahlkämpfer. Zu den Vorfällen in Hamburg bemerkte er, dass die Linken von 1968 nichts dazu gelernt hätten, da sie immer noch Pflastersteine werfen. "In Bayern wäre das nicht passiert", sagte Sibler, der Terror weder von rechts noch von links akzeptiert. Landrat Bernreiter gratulierte Sibler zur eben überreichten Kommunalen Verdienstmedaille in Silber . Dieser hatte sogar das Gruppenfoto beim Festakt geschwänzt, um Stoiber chauffieren zu können.

MdB Barthl Kalb dankte den Zuhörern, dass sie Stoiber auf seinem Weg des Besinnens und Nachdenkens so konzentriert gefolgt sind. Die Grundsatzrede des früheren Ministerpräsidenten sei ein "echtes Statement für die Demokratie" gewesen.

 

Quelle: www.pnp.de 12.07.2017