Artikel vom 28.05.2019
Grafenwöhr
CSU besucht den viertgrößten Truppenübungsplatz Europas
Der CSU-Ortsverband Vorra hat als Jahresausflug gemeinsam mit den Ortsverbänden Velden und Hartenstein eine Halbtagesfahrt zum Truppenübungsplatz Grafenwöhr organisiert. Begleitet wurde die Fahrt durch einen sachkundigen Mitarbeiter des Forstamtes Grafenwöhr der während der über 4 stündigen Fahrt einen faszinierenden und durch manche Kuriositäten geprägten Eindruck vom militärischen Leben und der Arbeit des Bundesforstes geben konnte.
Der Gruppenübungsplatz wurde 1910 mit einer Größe von ca. 9.000 ha für das III. bayerische Armeekorps gegründet. Während des ersten Weltkrieges wird er zum größten Kriegsgefangenenlager Bayerns. Auch heute existiert noch ein Gefangenenfriedhof. Nach dem ersten Weltkrieg wurde der TÜP durch die Reichswehr übernommen und 1937/38 für den Aufbau der deutschen Wehrmacht auf die heutige Größe von ca. 23.000 ha erweitert. Hierfür mussten ca. 3.500 Personen umgesiedelt werden und der Gesamtaufwand an Entschädigungen, Ablösungen, Straßenverlegungen betrug 40 Mio. Reichsmark. 1945 wird das Lager und die Stadt Grafenwöhr bombadiert und zu fast drei Viertel zerstört. Der Wasserturm, das Forsthaus sowie ein geheimes, riesiges Giftgasgranatendepot blieben glücklicherweise verschont. 1945 wird der TÜP durch US-Truppen übernommen. Seither erfolgten umfangreiche Um- und Neubauten z.B. in den 1980er Jahren ein großes Modernisierungsprogramm der Gefechtsbahnen für 100 Mio. US-D ollar und 2002 für Kasernen- und zivilen Wohnungsbau rund eine Mrd. Euro. Die US-Army ist einer der Größten Arbeitgeber Bayerns, dadurch hat der TÜP bis heute eine große wirtschaftliche Bedeutung für den Raum Grafenwöhr. Außerdem ist der TÜP der bedeutendste TÜP der 7. Armee in Europa und einer der am modernsten eingerichteten TÜP der BRD. Die Pläne für den Bau eines West-Lagers in Nitzlbuch wurden nicht umgesetzt, weshalb die Stadt Auerbach aus ihrer Nähe zum Gruppenübungsplatz keinen großen wirtschaftlichen Nutzen ziehen kann und eigentlich nur den Lärm durch den Schießbetrieb abbekommt.
Die Busgruppe fuhr nach der offiziellen Begrüßung durch den CSU-Ortsvorsitzenden Bernd Müller über das Südlager Vilseck ein. Anfangs erschien es, als käme man in eine kleine amerikanische Stadt mit Wohnhäusern für die Familien, Einkaufsmöglichkeiten, Werkstätten, Schulen und Freizeitanlagen. Das Ostlager Grafenwöhr erinnerte sogar durch seine vielen Gebäude mit Fachwerken, dem erhaltenen und noch intakten Wasserturm und dem Forsthaus an eine kleine fränkische Ortschaft. Kein Wunder, denn der ehemalige Architekt des Lagers stammte aus Franken. Fährt man allerdings ein Stück weiter, kommt man sich vor wie in einer anderen Welt. Hier stehen die Gebäude der Kommandanturen, Stellplätze für die Militärfahrzeuge und Panzer, Trainingsbereiche, Schießstände, Panzerwaschanlagen oder der Sprungturm für die Fallschirmjäger. Die Fahrt ging zwischen den beiden Lagern auch quer durchs Gelände, größtenteils entlang der äußeren Panzerringstraße, die ca. 100 km lang ist. Wer schon immer mal eine Busfahrt durch den Wald machen wollte, kam hier ganz auf seine kosten. Man befand sich inmitten naturverjüngter Wälder mit vielen kleinen und größeren Gewässern. Zu verdanken war dies der sich ab 1965 ändernden Einstellung des Militärs zur Umwelt. Damals wurde mit intensiven Sanierungs- und Umweltmaßnamen begonnen. Die durch intensive Panzernutzung verwüsteten Flächen konnten durch den Bundesforst rekultiviert werden. Der Wildbestand nahm zu und es wurde eine ökologische Nische für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten geschaffen. Derzeit leben u. a. Fischotter, Seeadler, Kraniche und Fledermäuse im Truppenübungsplatz und sogar ein Luchs und Wölfe wurden gesichtet. 2003 wurden ca. 85 % des TÜPs als NATURA 2000 Gebiet an die EU-Kommission gemeldet. Insgesamt ist der TÜP in 9 Reviere geteilt, die von 9 Revierleitern betreut werden. Letztes Jahr wurde insgesamt 1.300 Rotwild, 500 Wildschweinen und 500 Rehe erlegt. Auch Hobbyjäger kommen hier auf ihre Kosten, denn für die beliebten Gästejagden kann sich jeder bewerben.
Die Aufgabe des Bundesforstes heute ist der Erhalt des Waldes der wirklichkeitsnahe Verhältnisse für die militärische Übung bietet, einen finanziellen Beitrag durch die Holzproduktion zu liefern und den Naturschutz im Rahmen von Natura 2000 sicherzustellen.
Als besondere Zwischenstationen der Bustour wurden die Quelle Ursprung, der Friedhof Haag, die Kirchenruine Hopfenohe und ein Übungsdorf zum Häuserkampf besucht. Beeindrucken war der Aussichtspunkt beim Bleidorn-Turm, von wo aus man einen weiten Blick in die „Impact Area“, die Schießbahn, hatte, in der während des Aufenthaltes eine riesige Herde Hirsche weidete. Mit einem etwas mulmigen Gefühl ging es auch mitten durch Beschussgebiet, an Schießanlagen vorbei. Insgesamt konnten fast drei Viertel des Geländes abgefahren werden, obwohl die Zeit am Platz fast zu kurz war und es noch viel Interessantes zu besichtigen gegeben hätte.
Aufgrund der großen Nachfrage wird es eine zweite Fahrt geben. Alle Teilnehmer die hier einen Platz ergattern, können sich schon mal Gedanken machen, weshalb der Truppenübungsplatz auch den Beinamen „Dixieland“ trägt.