Artikel vom 30.09.2022
Vortrag zur Erbschaftsteuer
Freigrenzen nutzen und Schenkung erwägen
Seehausen – Erst das schöne Einfamilienhaus geerbt und dann ab in die Privatinsolvenz: ein Schreckensszenario, über das man in den meisten Regionen des Landes nur lachen kann, südlich von München kann dies aber harte Realität werden. „Schuld daran sind die Freibeträge bei der Erbschaftssteuer, die angesichts der hohen Immobilienpreise in unserer Gegend viel zu niedrig sind“, sagt Florian Lempert, der Vorsitzende des CSU-Ortsverbandes Seehausen. Wie sehr den Menschen dieses Thema unter den Nägeln brennt, zeigte sich alleine daran, dass der Saal im Gasthaus Stern bei einem von der CSU über die Erbschaftssteuer anberaumten Infoabend mit mehr als 100 Besuchern bis auf den letzten Platz gefüllt war.
„Die derzeit vom Gesetzgeber vorgesehenen Freigrenzen bei einer Vererbung oder Schenkung von Immobilien sind mit Blick auf unsere Region bei weitem nicht ausreichend“, erklärte der Steuerberater und Rechtsanwalt Martin Hilleprandt aus Garmisch-Partenkirchen. So können Ehepartner bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben, bei Kindern sind es 400.000 Euro (von jedem Elternteil) und Großeltern können ihren Enkelkindern 200.000 Euro vermachen, ohne dass der Fiskus zuschlägt. Das hört sich nach viel an, ist es aber nicht, wenn man bedenkt, dass für ein Einfamilienhaus mit einigermaßen großem Garten heutzutage meist ein siebenstelliger Betrag fällig ist. „Sehr oft führt eine Erbschaft deshalb dazu, dass das Grundstück mit dem Elternhaus dann verkauft werden, nur damit man die Erbschaftssteuer bezahlen kann“, so Hilleprandt. Und so lautete sein Tipp unmissverständlich: „Unter diesen Voraussetzungen ist es besonders wichtig, bereits zu Lebzeiten einen Teil des Erbes an die Begünstigten zu schenken, um die Freigrenzen auszunutzen. Damit sollte aber möglichst früh begonnen werden, weil die Freigrenzen alle zehn Jahre einmal ausgenutzt werden können. Hilleprandt warnte hier aber vor Alleingängen und sagte: „Vorher sollte man sich auf jeden Fall mit einem Steuerberater in Verbindung setzen, da bei der Übertragung oft viele Fehler gemacht werden, die im Nachhinein zu wesentlich höheren Steuern führen können.“
Die hohe Steuerlast im Falle einer Erbschaft von Immobilien im Werdenfelser Land hat für den Seehauser CSU-Chef Lempert auch eine gravierende gesellschaftspolitische Komponente. „Das ist ein weiterer Schritt zum Ausverkauf unserer Heimat“, rief er aus. Wenn sich nämlich die einheimische Bevölkerung die Erbschaftssteuer nicht mehr leisten kann, werde das Haus oder das Grundstück meistbietend verkauft. „Sehr oft kommen dann Käufer von auswärts zum Zug, die das Gebäude nur als Zweitwohnung oder sogar nur als Ferienwohnung nutzen. Dies erhöht den Druck auf den Wohnungsmarkt immer mehr“, so Lempert. Und wenn die Generation der Erben finanziell nicht mehr in der Lage sei, in das von den Eltern oder Großeltern geschaffene Einfamilienhaus einzuziehen, „hat dies meist automatisch den Wegzug in eine günstigere Gegend zur Folge“. Aus diesem Grund hat Lempert angekündigt, sich an die CSU-Abgeordneten Alexander Dobrindt (Bundestag) und Harald Kühn (Landtag) mit der Bitte zu wenden, für eine Erhöhung der Freigrenzen bei der Erbschaftssteuer einzutreten.
Ullrich Willburger, der Vorstand der Bürgerstiftung „Mehrwert“ im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, zeigte schließlich eine auf den ersten Blick etwas ungewöhnliche, bei näherer Betrachtung aber sehr attraktive Möglichkeit auf, wie man den Ausverkauf der Heimat unterbinden kann: Wer keine Kinder oder Erben in der Familie hat, könne seine Immobilie der Bürgerstiftung schenken. „Auf diese Weise lassen sich Steuern in großem Umfang sparen. Außerdem kann man nach seinem Ableben etwas Gutes für die nächste Generation schaffen, wenn die Schenkung an die Bürgerstiftung mit der Auflage erfolgt, dass die betreffende Immobilie etwa nur an Einheimische vermietet werden darf“, so Willburger.