Ortsverband Rückersdorf

CSU GR Pleyer zum Rückersdorfer Haushalt

Kluge Schulden von heute können Wohlstand von morgen bilden

Folgende Rede von CSU Fraktionsführer Theo Pleyer zum Rückersdorfer Haushalt in der Gemeinderatssitzung vom 11. April 2024.


Zunächst gilt unser Dank allen Bürgerinnen und Bürgern – deren Leistungen uns Handlungsspielräume als Kommune eröffnen. Ebenso dankbar sind wir allen Mitarbeitern der Kommune und insbesondere derer Werke, die seit Jahrzehnten treu, zuverlässig und mit kürzesten Einsatzzeiten Rückersdorf Wasser, Licht und Energie in die Häuser gebracht haben und sofort geholfen haben, wenn es mal „klemmt“. Ein Dank auch an alle Ehrenamtlichen im Ort – vom Gemeinderat bis zum aktiven Vereinsmitglied – ohne diese Tätigkeiten wäre der Ort ebenso steril wie oft nicht handlungsfähig und wenig liebenswert.

Die Haushaltssatzung 2024 wie der Finanzplan 2025 – 2027, denen die CSU - schweren Herzens auch ohne größere Investitionen in den Schulneubau – zustimmt, offenbart die Schwächen auf der Einnahmeseite bei gleichbleibender bzw. teurer werdenden Ausgabenseite.

EINNAHMENSEITE

Geprägt von Corona und Ukraine-Krise haben sich die Einnahmen anders entwickelt als Ende des vergangenen Jahrzehnts geplant – ein Blick sei auf die großen Geldquellen geworfen:

Dort stehen konstante bis steigende Einnahmen aus Einkommensteuern - die wir nur halten, wenn wir als Ort vor der Großstadt attraktiv bleiben!

Die Gewerbesteuer ist in den vergangenen Jahren drastisch um über 300% von 2,8 Mio € auf 850 T€ eingebrochen, die aktuelle wirtschaftliche Lage tut ihr übriges – Besserung ist nicht in Sicht.   
Dass die Verteilung der Gewerbesteuern zwischenzeitlich nach Ermöglichung der kommunenübergreifenden Verrechnungsmöglichkeiten immer ungerechter wird, weil kleinflächige Gemeinden nicht mehr ausbauen können, sei vermerkt und wird eine Aufgabe der politischen Zukunft sein, hier Steuergerechtigkeit auf kommunaler Ebene wieder herzustellen. Immerhin arbeiten diejenigen, die hier wohnen auch in den Gewerbebetrieben der Kommunen, bei denen die Gewerbesteuerquelle unablässig fließt.

AUSGABENSEITE

Große Aufgaben und Ausgaben stehen an:

  • Das in die Jahre gekommene Elektronetz muss mit gut 8 Mio EUR ertüchtigt werden.
  • Der Straßenbau muss auf das Notwendige beschränkt bleiben, gleichwohl kontinuierlich  weiterbetrieben werden – der Mohnwinkel ist mit über ca. 840 T dran.
  • Die Kanalüberwachung schlägt als Pflichtaufgabe mit 800 TEUR zu Buche.
  • Die Pflicht gemeindlicher Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ab Mitte 2026 erfordert einen Aufwand von über 2 Mio EUR in 2024 und 2025  für 4 neue Kinderbetreuungsgruppen.
  • Der Schulhausneubau würde uns derzeit ca. 13 Mio EUR kosten.

Bedenken

Unser Kämmerer Herr Wolf warnt vor einem Schuldenstand mit Rekordhoch von ca. 15,83 Mio. € und einer Pro-Kopf-Verschuldung von ca. 3.305 €.

Würde die Schule gefördert (wie mindestens zu erwarten) reduziert sich jedoch der Schuldenstand voraussichtlich auf dann ca. 9,8 Mio. € mit Pro-Kopf-Verschuldung von ca. 2.046 €.

Die kommunale Finanzaufsicht am LRA Nbg Land verweigerte der Aufnahme der Schulden für den Schulbau die Zustimmung, weil sie Rückersdorf an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bringe und verweist auf diekommunale Zusammenarbeit, wonach Kommunen Pflichtaufgaben überörtlich aber gemeinsam erledigen müssen. Diese steuert der Gemeinderat bereits mit und wird auch die CSU mit Bedacht auch weiterhin begleiten.

Aber dies alleine darf nicht das Ende kommunalen Denkens bedeuten, im Gegenteil:

Wir investierten als Kommune in den fetten Jahren 2014 bis 2020 zu wenig. Und jetzt leiden wir an der von der Finanzaufsicht angemahnten Schuldenbremse. 

Die 2009 verfassungsrechtlich installierte Schuldenbremse macht Bund und Ländern verbindliche Vorgaben zur Reduzierung des Haushaltsdefizits und beschränkt Ausgaben. Konsequenz:

Schickt Eure Kinder woanders hin und bezahlt dafür und dort Mieten, aber investiert nicht ?!!

Die Gemeindeordnung verpflichtet die Gemeinden in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten, die nach den örtlichen Verhältnissen für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl wie u.a. auch des öffentlichen Unterrichts erforderlich sind. Diesen Fahrplan müssen wir einhalten und priorisieren sowie dabei die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit ausloten.

Mit gefördertem Schulneubau liegt die pro Kopf Verschuldung Rückersdorfs bei ca. 2.046 € !

Laut Pressemeldung Destatis vom 01.03.2024 betrug die kommunale deutsche Pro Kopf Verschuldung 4 034 Euro – das Doppelte also.

Kluge Schulden heute sind der Wohlstand von morgen!

Einer der weltweit zu den Top-10%-Ökonom gehörende Professor für Makroökonomie Marcel Fratzscher, auch Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), fordert dies in einem Interview (https://www.diw.de/de/diw_01.c.889489.de/publikationen/wochenberichte/2024_01_3/kluge_schulden_heute_sind_der_wohlstand_von_morgen__kommentar.html ) zu Recht und mahnt die Beseitigung von drei grundlegenden Widersprüchen in Deutschland an:

  1. Zum Einen gibt es kein Land in der Welt, das jedes Jahr mehr Ersparnisse anhäuft -seit 2005 werden jährlich meist mehr als 200 Milliarden Euro an Nettoersparnissen im Ausland aufgebaut.
  2. Zum Anderen ist die unproduktive Nutzung der Schulden zu beseitigen. Deutschland hat eine der geringsten Staatsschuldenquoten aller großen Industrieländer, die Nettoinvestitionen des deutschen Staates waren in den vergangenen zwanzig Jahren stetig negativ und die öffentlichen Vermögenswerte wie Straßen, Brücken, Schulen, öffentliche Einrichtungen, Beteiligungen und andere Finanzvermögen sind geschrumpft. Und genau hier liegt das Problem hinsichtlich der Schuldenbremse, die Schuldenbremse ist zukunfts- und investitionsblind.
  3. Zuletzt vergeht kein Tag ohne Kritik von Politikern, wir könnten uns keine Schulden leisten, weil dies zulasten künftiger Generationen ginge. Aber was wollen junge Menschen und künftige Generationen für ihre Zukunft? Der deutsche Staat zahlt heute lediglich 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an Zinsen für seine Schulden. Der deutsche Staat schadet mit einem Sparkurs der Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft geschadet und lebt nach wie vor von seiner Substanz. Dabei sind manche (nicht alle!) Schulden heute die Voraussetzung für einen schnelleren Abbau von Schulden in der Zukunft: Für jede 100 Euro, die der Staat heute in Bildung investiert, erhält er langfristig 200 bis 300 Euro durch höhere Steuereinnahmen zurück.

Deutschland zukunftsfähig im Großen zu machen heißt auch im Kleinen mehr öffentliche Investitionen in Digitalisierung, Erziehung und Wissenschaft, Infrastruktur und auch Klimaschutz etc. zuzulassen.

Schulhausneubau auf Dauer alternativlos

Für Rückersdorf seien noch zwei Zahlen gegenübergestellt:

Wir müssen uns dafür einsetzen, dass

  1. bei der Bewertung der Investitionen nicht nur die Verpflichtungsermächtigungssumme des Neubaus entscheidend ist,
  2. sondern auch die Refinanzierung durch Zuschüsse und Spenden mitberücksichtigt werden,
  3. die zeitliche Abschreibung und der Mehrwert der Immobilie in der Investition Mitberücksichtigung finden und
  4. die zu erwartenden horrenden alternativen Kosten ohne Neubau beleuchtet werden:

Eine Beispielrechnung zu letzterem:

Muss die Schule aus baulichen Gründen geschlossen werden, droht – in kommunaler Zusammenarbeit teuere Fremdunterbringung der Grundschulkinder außerhalb des Ortes – und weder Fahrten dorthin noch Räume bekommen wir geschenkt !

Nimmt man bspw. die Schulraumüberlassungsbedingungen der Stadt Nürnberg aus 2013, aktualisiert diese für 8 Grundschulklassen in 2023, so kommt man bei 186 Schultagen auf ca. 200.000 EUR Miete/Jahr.    
Hinzukommen Verbringungskosten, die derzeit für 1 Bus nach Röthenbach mit 52.000 EUR im Jahr zu Buche schlagen. 4 Weitere Busse wären erforderlich, also erneut gut 200.000 EUR.

Rechnet man diese 400.000 EUR nun bspw. über 50 Jahre (Mindeststandzeit eines neuen Gebäudes) hoch, so kommt man auf mind. 20 Mio EUR. Unter Berücksichtigung des Geldwertschwund in die Zukunft (und eines Referenzzeitraumes von 1992 bis 2022) werden daraus schnell weit über 35 Mio EUR !

Baut der Ort hingegen die Schule mit ca. 13-14 Mio EUR, nimmt 40% als Förderung ein, verbleiben ca. 8 Mio EUR. Rechnet man einen Hausmeister, Betriebskosten und Unterhaltskosten von jährlich geschätzt 150.000 EUR hinzu, ergeben sich in Summe der 50 Jahre 15 Mio EUR und indexiert wieder ca. 25 Mio EUR.

Ergo: 10 Mio EUR weniger, die sinnvoll über die Jahre woanders eingeplant werden können.

Das ist der finanzielle Aspekt.

Dass ein Ort nur lebenswert bleibt, wenn er in der Dynamik der Bevölkerung lebt, junge Menschen in adäquaten Rahmenbedingungen nachwachsen können, leuchtet jedem ein. Fehlt es an der Schule, fehlt es an der bildungstechnischen Seele des Ortes. Das will keiner ernsthaft!

Wir wiederholen uns aus 2023:

Nur wer in die Gegenwart investiert, investiert in die Zukunft.

Das muss unser Ziel sein, dafür werden wir uns einsetzen – im Ort und überörtlich.

 

CSU Gemeinderatsfraktion Rückersdorf
Theo Pleyer
CSU Fraktionsvorsitzender