Ortsverband Rotthalmünster

Volles Haus beim CSU-Bürgerforum

Ärzteversorgung & Digitalisierung im Fokus

„Gesundheit ist ein Thema, das uns alle angeht – egal ob Jung oder Alt“, leitete der CSU-Ortsvorsitzende, Hans Zeilberger, die Gesprächsrunde ein. Dass dem tatsächlich so ist, zeigte sich auch an der Teilnehmerzahl am Bürgerforum. In der voll besetzten Gaststube vom Wirt z’Pattenham erhielten die anwesenden Besucher einen tiefen Einblick rund um das Thema „Medizinische Versorgung im ländlichen Raum“. Als Vertreter der kassenärztlichen Vereinigung in Bayern (KVB) zeigte Dr. Peter Hück zunächst auf, wie die Bedarfsplanung im haus- aber auch fachärztlichen Bereich von statten geht. Während die hausärztliche Versorgung innerhalb von 204 Planungsbereichen in ganz Bayern geregelt wird, geschieht die fachärztliche Planung innerhalb der Landkreisgrenzen. Die neusten Zahlen der KVB hören sich gut an: bei einer Einwohnerzahl von knapp 56.000 Menschen im Planungsgebiet Pocking/Ruhstorf kann ein Versorgungsgrad von mehr als 120 % festgestellt werden. Und dennoch: viele tun sich schwer, einen neuen Hausarzt zu finden oder warten lange auf einen Termin. Ob dabei die Badeärzte eine Rolle spielen, die in Bad Füssing und Bad Griesbach niedergelassen sind, wollte ein Zuhörer wissen. „Badeärzte besetzen allgemeinärztliche Sitze, sind aber weniger hausärztlich für die hier lebende Bevölkerung tätig. Prozentual fallen sie aber damit bisher nicht entscheidend ins Gewicht“, erklärte Dr. Hück. Ausschlaggebend dafür seien aber ganz andere Faktoren, wie beispielsweise der demografischen Wandel, der zum einen durch mehr ältere Menschen mit mehr Krankheiten zu mehr Arzt-Patientenkontakten führt, zum anderen aber zu weniger verfügbarer Arzt-Zeit, da die älteren Ärzte immer weniger Nachfolger finden und dabei diese zunehmend weiblich sind. Auch der Trend zur angestellten ärztlichen Tätigkeit führt zu einer Einschränkung der verfügbaren Behandlungszeiten. Aber auch der Fachkräftemangel spiele eine Rolle. Immer weniger Menschen würden sich für einen sozialen Beruf entscheiden und zudem stünden Haus- aber auch Fachärzte als Arbeitgeber häufig in Konkurrenz mit den Krankenhäusern, was die Suche – beispielsweise nach medizinischen Fachangestellten – zusätzlich erschwert.

 

Ebenfalls das Personal im Blick hatte Klaus Seitzinger, der in seiner Funktion als Geschäftsführer der Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen referierte. Zwar spricht die hohe Übernahmezahl an Auszubildenden von der Krankenpflegeschule Rotthalmünster in eine unter seiner Obhut stehenden Häuser für sich. Dennoch stelle insbesondere die Dynamik im medizinischen Bereich eine große Herausforderung dar. Bekräftigt wurde seine These von einer anwesenden, mittlerweile im Ruhestand befindlichen, Krankenpflegerin. „Ich hätte gerne länger gearbeitet – aber irgendwann kommst du da einfach nicht mehr mit“, berichtete die Dame. Auch berichtete Seitzinger über die Entwicklung der Kosten und Erlöse. Während auf der Erlösseite eine Steigerung des sogenannten Landesbasisfallwerts, der die Grundlage für die Vergütung von Krankenhausleistungen bildet, nur um etwa 5 Prozent gestiegen sei, stehen diesen Erlösen eine weitaus größere Kostensteigerung gegenüber. Haupttreiber der gestiegenen Kosten sind die Personalkosten, die auf Grund des Abschlusses des neuen Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst in die Höhe geschnellt sind. Dies führte jüngst auch dazu, dass zum ersten Mal auch im operativen Geschäft rote Zahlen geschrieben wurden: 12,6 Millionen Euro, die in dieser Form im Kreishaushalt nicht vorgesehen waren und erst durch einen Nachtragshaushalt sowie der Erhöhung der Kreisumlage um fünf Prozentpunkte ausgeglichen werden konnten. Ein Zuhörer wollte wissen, ob es hierzu eine Zukunftsstrategie gibt. Um die Kosten weiter zu minimieren, so Seitzinger, habe man sich im Rahmen einer Umplanung des Neubaus des Kreiskrankenhauses Rotthalmünster dazu entschieden, einen tagesklinischen Funktionstrakt in das Krankenhaus einzugliedern. So will man den Anforderungen der heutigen Zeit und der Krankenhausreform gerecht werden und versuchen, weiterhin die Kosten zu senken. Aber, und so schloss Seitzinger seinen Vortrag, sei es auch wichtig, die Menschen wieder für medizinische Berufe zu begeistern. Ein Mittel dazu: der Zivildienst. Sich ein Jahr in den Dienst der Gesellschaft zu stellen sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

 

Abschließend gab Prof. Dr.-Ing. Thomas Spittler den Anwesenden einen Einblick rund um den Stand der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Anschaulich zeigte Prof. Spittler auf, welche Möglichkeiten es schon heute gibt. Zum einen die kleinen Dinge, wie die Online-Terminvereinbarung oder auch die elektronische Patientenakte, aber auch Errungenschaften aus der jüngsten Zeit, wie Videosprechstunden, das E-Rezept oder auch der Telenotarzt. Besonders erstaunlich waren die Möglichkeiten, welche die Nutzung von künstlicher Intelligenz bringen. So können bereits heute MRT- oder CT-Bilder ausgewertet werden, indem mit Hilfe von Algorithmen Bilder zunächst klassifiziert werden. Mit einer erstaunlichen Genauigkeit kann festgestellt werden, dass auf den abgelichteten Bildern eine Krebserkrankung zu sehen ist. Im nächsten Schritt sequenziert die künstliche Intelligenz, was bedeutet, sie ordnet dem Krebs eine bestimmte Krebsart zu. Ob dadurch Ärzte nicht überflüssig werden, wollte ein Zuhörer wissen. „Im Gegenteil!“, so Prof. Spittler. Künstliche Intelligenz ermöglicht es den behandelnden Ärzten, eine schnelle und auch treffsichere Diagnose zu stellen. Denn: Diagnosen stellen natürlich weiterhin ausschließlich die Ärzte, nicht der Algorithmus. Dies ermöglicht es den Ärzten, sich mehr auf die Arbeit mit und am Patienten zu konzentrieren und fokussieren. Eine solcher Algorithmus muss aber trainiert werden. Dazu braucht es Unmengen an Daten, sodass diese Anwendung ständig dazu lernt. Und genau hier sieht Prof. Spittler die aktuell größte Herausforderung im Bereich der Digitalisierung. Denn die Daten sind vorhanden, nur dürfen Sie aus Gründen des Datenschutzes oftmals nicht geteilt und in die künstliche Intelligenz eingespeist werden. Hier bestehe in seinen Augen definitiv Nachholbedarf, da solche – und viele weitere Anwendungsmöglichkeiten – einen großen Mehrwert liefern können. Als Ausblick stellte Prof. Spittler den Begriff der personalisierten Medizin in den Raum. Mithilfe eben solcher Algorithmen sollen individuelle Patientenmerkmale ausgewertet und anschließend auf den Patienten abgestimmte Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Aber auch medizinisches Personal soll von den qualitativ immer besseren Sprachmodellen der künstlichen Intelligenz entlastet werden. Künftig, so seine Vision, sollen bürokratische Arbeitsabläufe automatisiert werden, um sich wieder mehr auf den Patienten fokussieren zu können.