Ortsverband Murnau/Staffelsee

Dienstag, 28. Mai 2024, Murnauer Tagblatt / Lokalteil

Pro Europa, contra Aiwanger

EVP-Fraktionschef Manfred Weber kommt im Rahmen des Wahlkampfs nach Murnau

VON ROLAND LORY

Murnau – Manfred Weber ist gerade dabei, für mehr Zusammenarbeit mit Südamerika zu werben und für weniger Abhängigkeit von China, als ein Hund kläfft. Was der Vierbeiner damit zum Ausdruck bringen will, ist nicht überliefert. Er sorgt aber am Sonntagnachmittag für einen Moment der Heiterkeit in der Gaststätte Zum Murnauer. „Der Hund darf schon bleiben“, sagt Weber. Das Tier fällt nicht weiter mit Zwischenrufen auf.

Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) kommt zehn Minuten zu spät. Zuvor war er ab 10.30 Uhr zu Gast bei der Kreisvorsitzendenkonferenz der Jungen Union Bayern auf der Landesgartenschau in Kirchheim bei München. Auch nach dem Murnau-Besuch steht noch ein Termin in Webers Kalender: Abends diskutiert der 51-Jährige in Roggenburg (Landkreis Neu-Ulm) mit dem ehemaligen Bundesfinanzminister und CSU-Ehrenvorsitzenden Theo Waigel über aktuelle europapolitische Themen.

Nach Murnau ist Weber auf Einladung der CSU-Kreisverbände Garmisch-Partenkichen und Weilheim-Schongau sowie der beiden Frauen-Union-Gruppen (FU) gekommen. „So eine gemeinsame Aktion macht viel Arbeit und Freude“, schickt Gisela Lücke-Wegmann, Murnauer FU-Ortsvorsitzende und Kreisvorsitzende Garmisch-Partenkirchen, vorneweg.

Weber schneidet vor rund hundert Besuchern diverse Themen an, etwa die Migration. Kürzlich fasste der EU-Ministerrat den finalen Beschluss für die Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Im EU-Parlament hatte es bereits im April die nötige Zustimmung gegeben, auch von der EVP-Fraktion, zu der die CDU-CSU-Gruppe gehört. Weber weist den Vorwurf zurück, dass die Union unchristlich handle. „Wir haben drei Millionen ukrainische Flüchtlinge aufgenommen“, zuvor viele Syrer. Als der Krieg in Jugoslawien tobte, habe man die „Türen geöffnet“. Er lasse sich nicht von den Grünen vorhalten, dass man eine „Festung Europa“ errichte. „Europa liefert und setzt um“, betont Weber. Er wird aus dem Publikum mit der Frage nach Giorgia Meloni konfrontiert, der italienischen Ministerpräsidentin von der als postfaschistisch klassifizierten Partei Fratelli d’Italia. Weber ordnet Meloni dem konservativen Lager zu. „Das sind Kräfte, die wir dringend brauchen, damit wir in Europa was erreichen.“

Es ist Wahlkampf, und so greift der EVP-Fraktionsvorsitzende nicht nur die Grünen an, sondern auch die Freien Wähler, und zwar in Person von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Bayern sei die siebtgrößte Wirtschaftsmacht in Europa, sagt Weber. Doch Aiwanger sei „ein einziges Mal in Brüssel“ zu Gesprächen gewesen. „Bayern wird da unter Wert verkauft“, poltert Weber. Der 51-Jährige, der aus derselben Ecke Niederbayerns wie Aiwanger kommt, rät dem stellvertretenden Ministerpräsidenten: „Mach Deinen Job als bayerischer Wirtschaftsminister, mach ihn bitte besser.“

Auch die AfD bekommt Kritik ab, speziell der rechtsextreme Björn Höcke, der sagt: „Dieses Europa muss sterben.“ Weber betont: „Dieses Europa ist nicht perfekt, aber das beste Europa, in dem wir jemals leben durften.“ Angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine sieht er den richtigen Zeitpunkt für gekommen, um über europäische Strukturen im Bereich der Verteidigung nachzudenken. „Wir werden Frieden nicht sichern mit Appeasement und Nettsein.“

Da der Nachmittag als „Europa-Dialog“ angekündigt ist, bleibt auch noch Zeit für Beiträge aus dem Publikum. Michael Montag beklagt sich über die Pflicht, gewisse Projekte europaweit auszuschreiben. Er bezieht sich dabei auf das geplante Murnauer Feuerwehrhaus. „Seit 20 Jahren basteln wir da rum“, moniert der langjährige Vorsitzende des Murnauer Feuerwehrvereins. „Es ist ein Wahnsinns-Wirrwarr.“