Altstadtkurier - Kostenlose Meisterfortbildung in Bayern ab 2024
Kostenlose Meisterfortbildung in Bayern ab 2024
Elisabeth Schnellenberger (ES) im Dialog mit MdL Walter Nussel (WN)
ES: Sie haben sich für die kostenlose Meisterfortbildung eingesetzt. Ab Herbst 2024 wird Bayern das erste Bundesland sein, in welchem die Ausbildung zum Meister für Industrie und Handwerk kostenfrei angeboten wird. Die aktuellen Zahlen deuten klar darauf hin, dass es mehr Studien- als Ausbildungsanfänger gibt. War dies der ausschlaggebende Grund für die Forderung?
WN: Das war einer der Gründe. Für unsere Gesellschaft ist es wichtig, dass wir nicht nur Theoretiker, sondern auch Praktiker brauchen. Stellen Sie sich mal vor, 10 Architekten planen ein Haus, es ist aber kein Zimmermeister, Maurermeister etc. da, um das Haus dann auch wirklich zu bauen. Das Handwerk und die Ausbildungsberufe, die Facharbeiter, die dieses Land groß gemacht haben, müssen nicht nur mehr ideelle, sondern auch monetäre Anerkennung bekommen. Hierbei ist Gleichberechtigung und Fairness ein zentrales Thema. Studierende zahlen bis auf kleine Semesterbeiträge keine Gebühren, können für den Lebensunterhalt Förderungen beantragen. Es ist nur fair, wenn die Ausbildung zum Meister ebenfalls kostenfrei ist und hier nicht auf Ersparnisse oder Kredite zurückgegriffen werden muss. Wenn die jungen Menschen sehen, dass sie auch als Praktiker aufsteigen und sich fortbilden können, dann zieht das vielleicht wieder mehr Menschen in die praktischen Berufe. Zugleich glaube ich, dass wir vielen jungen Menschen einen Gefallen tun, wenn wir den „praktischen Ausbildungsweg“ ähnlich attraktiv machen, wie den „theoretischen Ausbildungsweg“. Das Handwerk wirbt ja bereits verstärkt um Studienabbrecher, die häufig entgegen ihren individuellen Begabungen ein Studium angefangen haben und erst später ihre Berufung im Handwerk finden.
ES: Könnten Sie bitte kurz darauf eingehen, inwiefern die Meisterausbildung in der Übergangsphase vom 1. Januar 2023 bis Herbst 2024 in Bayern gefördert wird.
WN: Die mit einer Aufstiegsfortbildung verbundenen Kosten für den Lehrgang, für die Prüfung oder für den Lebensunterhalt können über das Aufstiegs-BAföG finanziert werden. Diese Förderung umfasst Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Hinzu tritt die Möglichkeit, ein zinsgünstiges Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau über die Differenz zwischen Zuschussanteil und maximalem Förderbetrag abzuschließen. Die Zuschussanteile variieren je nach Fördergegenstand. Zusätzlich gibt es in Bayern den Meisterbonus in Höhe von 3.000 Euro. Er gilt für Prüfungen, die nach dem 1. Januar 2023 abgelegt worden sind. Antragsberechtigt sind alle, die ihre Meisterprüfung oder eine dem Meister gleichwertige Fortbildung erfolgreich abgeschlossen haben. Ich mache ein konkretes Beispiel: Bei der Weiterbildung zum Kfz-Techniker fallen rund 12.000 Euro Lehrgangs- und Prüfungsgebühren an. Über das Aufstiegs-BAföG erhalten erfolgreiche Absolventen rund 9.000 Euro als Kostenzuschuss. 3.000 Euro müssten aus eigener Tasche bezahlt werden. Jedoch zahlt Bayern noch den Meisterbonus in Höhe von nun 3.000 Euro als Prämie obendrauf. Die Ausbildung wäre somit kostenlos.
ES: Als Motivation für die Meisterausbildung – was sind Ihre ausschlaggebenden Kriterien, um diesen Weg ein[1]zuschlagen?
WN: Ich finde es wichtig, dass junge Menschen die Gelegenheit bekommen, ihre individuellen Neigungen und Talente entfalten zu können. Unser Schul- und Bildungssystem ist meiner Ansicht nach zu sehr auf den akademischen Weg ausgelegt. Junge Menschen, denen eher praktische Arbeit liegt, verdienen aber die gleiche Anerkennung, die gleiche Wertschätzung und die gleichen Chancen, wie eher theoretisch veranlagte Menschen.
ES: Ich bedanke mich für die umfangreichen Informationen und freue mich, Sie im Rahmen eines JU Altstadt-Stammtisches alsbald begrüßen zu dürfen.