Artikel vom 17.07.2020
Spende an das Korbmuseum
Eine Harley für das Korbmuseum
Eine Harley aus Rattan
Als Schüler fertigt Simeon König ein Motorrad aus Rattan. Dieses hat er nun dem Deutschen Korbmuseum in Michelau gespendet. Welche Geschichte dahintersteckt.
Michelau
Beim Namen Harley-Davidson bekommen Motorradfans glänzende Augen. Die Motorräder der Marke genießen Kultstatus. Seit kurzem kann man im Deutschen Korbmuseum in Michelau ein ganz besonderes Modell bewundern. Es ist zwar nicht straßentauglich, aber es wurde mit mindestens so viel Liebe und Hingabe hergestellt, wie die Originale aus den Staaten. Im Rahmen einer Jahresarbeit der achten Klasse, baute Simeon König als Schüler der Darmstädter Waldorfschule die Nachbildung einer Harley Davidson V-Rod. Schade nur, dass das Deutsche Korbmuseum aktuell wegen der Corona-Pandemie noch für Besucher geschlossen ist.
Die Geschichte begann 2004 im Deutschen Korbmuseum. Damals war der 13-jährige Simeon König mit seiner Mutter zu Besuch. Er war auf der Suche nach einem geeigneten Projekt für seine anstehende „Achtklassarbeit“ an der Waldorfschule Darmstadt. Nach dem Gang durch die Ausstellung des Korbmuseums entdeckte er in der Auslage eine Zeitungsbeilage vom 24. Lichtenfelser Korbmarkt. Auf dem Titelbild waren zwei Motorräder zu sehen – hergestellt mit den Techniken der Korbflechter. Bei diesem Anblick war das Thema der Klassenarbeit sofort gefunden. Simeon wollte ein Motorrad herstellen, das noch viel detailgetreuer sein sollte, als es die Motorräder auf dem Abbild waren.
Nur ein paar Schräubchen
Voller Tatendrang besuchte er mit seinem Vater den nächstgelegenen Harley-Davidson Showroom, um das Original genauestens unter die Lupe zu nehmen und zu vermessen. Er beschäftigte sich mit dem Biegen von dicken Rattan Stangen, denn bisher hatte er nur mit dem dünneren Peddigrohr gearbeitet. Er fertigte hölzerne Biegeformen, um den Rahmen des Motorrads in Form zu bringen und stellte in feinster Detailarbeit alle Einzelteile des Motorrads her. Bis auf die Lenkaufhängung und die verbindenden Schrauben kam nur Rattan in verschiedenen Stärken zum Einsatz. Viele Einzelteile mussten mehrfach hergestellt werden, damit alles wie gewünscht passte.
Das geht nicht so nebenher
Im Frühsommer 2005 war es dann so weit: Nach etwa 760 Arbeitsstunden konnte das Motorrad der Öffentlichkeit präsentiert werden. Später fand es Platz in Schaufenstern, war Blickfang auf Motorradmessen und schmückte einige Zeitungsartikel. Jetzt 2020 ist die Nachbildung der Harley-Davidson zum Ursprung der Idee ins Deutsche Korbmuseum in Michelau zurückgekehrt.
Dankbar nahm Bürgermeister Dirk Rosenbauer die willkommene Spende entgegen. Es sind ja gerade die Sonderstücke und Einzelanfertigungen aus aller Welt, die den Besuch im Deutschen Korbmuseum in Michelau so lohnenswert machen. Gerade von einem 14-Jährigen erfordert es jede Menge Geduld und Geschick, sich mit dem widerstandsfähigen Material Rattan auseinander zu setzen und es in die richtige Form zu bringen. Ohne große Vorkenntnisse tastete sich Simeon König an die Proportionen der Harley heran. Manche Teile mussten zwei oder dreimal geflochten werden. Sein Zimmer verwandelte sich in einen Werkraum, in dem ein geordnetes Chaos herrschte.
„Das war eine schöne Beschäftigung“ meinte anerkennend der Korbmachermeister Roland Ponsel, der von allen Anwesenden wohl am besten die flechterische Leistung des ehemaligen Waldorfschülers beurteilen konnte. Seine Anerkennung und seinen Respekt brachte auch Bürgermeister Dirk Rosenbauer zum Ausdruck, der sich im Namen des Museumsvereins mit einem Spendenscheck und einen Bürgermeistersekt beim Ehepaar König bedankte.
Ein kreativer Maschinenbauer
Inzwischen hat sich Simeon König zum Industriedesigner weitergebildet, wobei ihm sein Wissen und sein handwerkliches Geschick zugute kommen. Als Designer ist er sehr technisch ausgerichtet. Oft wird er deshalb auch als kreativer Maschinenbauer bezeichnet, da die Produktkonzeptionen bis ins Detail technisch durchdacht werden und einen großen Anteil von technischem Know-How beinhalten.
Stipendium von der Studienstiftung
Für sein Studium erhielt er ein Stipendium von der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Inzwischen hat er eine eigene Marke „plattgold“. Er begleitete 2019 als Mentor den Wettbewerb „Hessen Design Competition“ und wurde im gleichen Jahr für den German Design Award Newcomer 2020 nominiert.
Quelle: Obermain Tagblatt 21.07.2020