Artikel vom 08.12.2022
Was ist eigentlich diese
Schlüsselzuweisung

Erst vor kurzem wurden die sog. Schlüsselzuweisungen für das Kalenderjahr 2023 für die oberfränkischen Gemeinden bekanntgegeben. Was aber ist diese Schlüsselzuweisung genau und wie wird Sie berechnet? Warum bekommt Issigau nur "so wenig" Geld und andere Kommunen erhalten Millionenbeträge? Schauen wir es uns einmal in Kürze an.
Berechnung der "einfachen" Schlüsselzuweisung (ohne Sonderzuweisungen, Strukturschwäche etc.)
Anbei eine beispielhafte Berechnung für eine Gemeinde mit ca. 1.000 Einwohner (wie Issigau) - auf alle Sondervorschriften (z.B. Anwendung des 10 Jahres Durchschnittes, Strukturschwächenermittlung etc. wird hier aus vereinfachungsgründen verzichtet) - Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl wird ebenfalls nicht im Detail thematisiert, wir gehen hier von einem fiktiven Wert von 1.100.000 € aus. Der ermittelte Grundbetrag beträgt hier 1.250,00 €.
Daten der Gemeinde: Hauptwohnsitze 1.000, Nebenwohnsitze in 2014 (200), nicht kasernierte Mitglieder der Stationierungsstreitkräfte (0); nicht strukturschwach, ohne Ansatz von Soziallasten, 50 betreute Kinder (Kinderbetreuung), landkreisangehörige Kommune, Steuerkraftmesszahl 1.100.000,00 €, Grundbetrag: 1.250,00 €
Hinweis:
Nachfolgendes Beispiel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dient ausschließlich der schematischen Darstellung zur Ermittlung der "einfachen" Schlüsselzuweisung.
Das Gemeinden überhaupt eine Schlüsselzuweisung erhalten steht in Art. 1 Abs. 2 und 3 des Bayerischen Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (Bayerisches Finanzausgleichsgesetz – BayFAG).
Für den ungeübten Gesetzesleser ein eher sperriger Paragraph.
Die Höhe der Schlüsselzuweisung, bzw. wie die Schlüsselzuweisung berechnet wird, ist in Art. 2 BayFAG abgedruckt.
Begriffe, welche innerhalb des Art. 2 BayFAG verwendet werden, findet man in den Folgeparagraphen des Gesetzes, hier insbesonders in den §§ 3, 4 BayFAG. Dazu werden aber sehr häufig auch weitere Rechtsgrundlagen aus dem FAG herangezogen, z.B. bei der Brechnung der Umlagegrundlagen u.ä.
Zunächst sind die berechnungsrelevanten Einwohnerzahlen zu ermitteln (vgl. Art. 3 BayFAG)
- Einwohnerzahlen (Hauptwohnsitz) des Vorvorjahres zum Stichtag 31.12. (hier 2021): 1.000 (auf die Anwendung des Art. 3 Abs.2 BayFAG wird hier verzichtet)
- Bruchteil gem. Art. 3 Abs. 4 BayFAG an Nebenwohnungen zu einem bestimmten Stichtag (2014) - auch hier wird auf die Sondernorm des Art. 3 Abs. 4 Satz 3 BayFAG verzichtet): 32 vier fünfundzwanzigstel von 200 (Art. 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 8 BayFAG)
- 75 % Zahl der nicht kasernierten Mitglieder der Stationierungsstreitkräfte : 0 (Art. 3 Abs. 1 BayFAG)
- Feststellen der so ermittelten Einwohnerzahl
Also haben wir nachfolgende Rechnung durchzuführen:
Einwohnerzahlen: | 1.000 | zum 31.12.2021 |
+ Nebenwohnungen: | 32 | bruchteilig |
+ 75 % kasernierte Mitgl: | 0 | |
= Einwohner gesamt: | 1.032 |
*alle Rechtsnormen, soweit nicht anders bezeichnet sind die des BayFAG
Die jetzt ermittelte Einwohnerzahl (1.032) muss mit Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 entsprechend dem dort angedruckten Faktor erhöht werden. Für eine Gemeinde mit rund 1.000 Einwohner ist hier der sog. Hauptansatz 112%.
- Wir berechnen daher einfach die Einwohnerzahl 1.032 * 1,12 (112%) und erhalten somit einen sog. Hauptansatz von 1.156 (aufgerundet)
- Kreisfreie Gemeinden erhalten einen gesonderten Ansatz (Art. 3 Abs. 1 Nr 2 ): hier 0
- Strukturschwache Gemeinden erhalten einen gesonderten Ansatz (Art 3. Abs. 1 Nr. 3: hier 0
- Besondere Soziallasten werden ebenfalls mit einem gesonderten Ansatz bedacht (Art. 3 Abs. 1 Nr. 4): hier 0
- Ansatz für Kinderbetreuung = betreeute Kinder in den Einrichtungen (Art. 3 Abs. 1 Nr.5): hier 50
Wir berechnet also:
Hauptansatz 1.032 * 1,12 (112%) = | 1.156 |
+ Art. 3 Abs. 1 Nr. 2= | 0 |
+ Art. 3 Abs. 1 Nr. 3= | 0 |
+ Art. 3 Abs. 1 Nr. 4= | 0 |
+ Art. 3 Abs. 1 Nr. 5= | 50 |
= Gesamtansatz: | 1.206 |
Jetzt multipliziert man den ermittelten Gesamtansatz mit dem sog. einheitlichen Grundbetrag (Art. 2 Abs. 3) und erhält somit die Ausgangsmesszahl.
Gesamtansatz * | einheitlicher Grundbetrag= | Ausgansmessazahl (Art. 2 Abs. 2 Satz 1) |
1.206* | 1.250,00 € = | 1.507.500,00 € |
Nach dem wir nun die Ausgansmesszahl ermittelt haben ist der letzte Schritt nicht mehr schwierig.
Man berechnet jetzt die Ausgangsmesszahl ./. Steuerkraftmesszahl und erhält den sog. Unterschiedsbetrag. Ist dieser positiv. so erhält man 55% der Differenz als Schlüsselzuweisung (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 BayFAG)
Die Ermittlung der Steuerkraftmesszahl ist in der Praxis sehr umfangreich und komplex. Vereinfacht kann man sagen, dass hier die seitens der Gemeinde eingenommen Steuern (Grundsteuer A, Grundsteuer B, Gewerbesteuer) maßgeblich zur Ermittlung beitragen (vgl. Art. 4 BayFAG)
Also berechnen wir:
Ausgangsmesszahl: | 1.507.500,00 € |
./. Steuerkraftmesszahl: | 1.100.000,00 € |
= Unterschiedsbetrag: | 407.500,00 € |
Davon 55% (auf einen durch 4 nach unten abgerundeten Betrag) ergibt unsere Schlüsselzuweisung (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 BayFAG)
Schlüsselzuweisung: 407.500,00 € *0,55 (55%) = 224.125 € ~224.124 €
Wann bekommt eine Kommune jetzt also Geld?
Übersteigt die Ausgangsmesszahl die Steuerkraftmesszahl, so wird dieser Betrag zu 55% als Schlüsselzuweisung der Gemeinde zugedacht. Oder einfacher gesagt:
Liegen die, ggf. nivelierten, eingenommenen Steuern (berechnet durch die Steuerkraftmesszahl) unter der möglichen Leistungsfähigkeit der Gemeinde (Ausgangsmesszahl), so wird dieser Betrag durch den Freistaat Bayern zu 55% ausgeglichen.
Übersteigt stattdessen die Steuerkraftmesszahl die Ausgangsmesszahl, so erhält die Gemeinde keine Schlüsselzuweisung. Oder wieder einfacher:
Liegen die, ggf. nivelierten, eingenommenen Steuern (berechnet durch die Steuerkraftmesszahl) über der möglichen Leistungsfähigkeit der Gemeinde (Ausgangsmesszahl), so erhält die Gemeinde keine Schlüsselzuweisung.
Und Issigau?
Mit dem vorstehenden Wissen der vereinfachten Berechnung kann man also feststellen, dass für 2022 die Gemeinde Issigau die Ausgangsmesszahl übererfüllt hat, und daher keine Schlüsselzuweisung bekommen hat.
Für 2023 erhält die Gemeinde Issigau wieder einen Anteil an der Schlüsselzuweisung i.H.v. 85.648,00 €. Damit kann man rückrechnen, dass zwischen der Ausgangsmesszahl und der Steuerkraftmesszahl eine Differenz i.H.v. rd. 155.724,00 € liegt.
Wir hoffen abschließend mit den vorstehenden Ausführungen ein wenig Licht in das "Mysterium" der Schlüsselzuweisung gebracht zu haben, auch wenn die Berechnung in der Praxis doch noch etwas umfangreicher und komplexer ist, insbesondere die Berechnung der Steuerkraftmesszahl.
CSU OV Issigau
Die Vorstandschaft