Artikel vom 23.04.2017
Einzelhandel in der Altstadt ruhig und seriös entwickeln
Einzelhandel in der Altstadt ruhig und seriös entwickeln
Dinkelsbühl, 23.04.2017 (kh) - Es ist noch nicht lange her, da erhitzte die Nachricht, in Feuchtwangen solle ein City-Outlet entstehen viele Gemüter in Dinkelsbühl. Als dann allerdings die Kunde an das Ohr der Dinkelsbühler drang, das Outlet entstehe nicht an der Sulzach, sondern an der Wörnitz, war die Begeisterung zunächst groß. Doch plötzlich fanden sich auch in Dinkelsbühl Bedenkenträger, die sich in einer Bürgerinitiative, aus der dann ein Verein wurde, organisierten.
Parallel dazu wurde festgestellt, dass das für die staatlichen Zuschüsse aus der Städtebauförderung erforderliche Gutachten der Münchner Universitätsprofessoren Reichenbach-Klinke in die Jahre gekommen war und fortgeschrieben werden musste. Deshalb entschloss sich der Stadtrat, die Grundsatzentscheidung über ein Outlet aufzuschieben und ein integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) in Auftrag zu geben. Schwerpunkt der Untersuchung sollen hier die zukünftige Entwicklung des innerstädtischen Einzelhandels und der ruhende, sowie fließende Verkehr sein.
Trotzdem entbindet die Beauftragung von Gutachtern Niemanden vom Recht und der Pflicht zu denken und zu arbeiten.
Ausgangspunkt hinter den Überlegungen zum Outlet ist der Strukturwandel im Einzelhandel
Der Internethandel boomt und allein die Tatsache, dass DPD in Waldeck ein Auslieferungslager errichtet hat zeigt, wie groß auch in unserer Region die Nachfrage für Internet-Handel ist. Dies führt beim Einzelhandel zu Umsatzrückgängen.
Gleichzeitig stellt man fest, dass auch im Ballungsraum der Einzelhandel schwerpunktmäßig versucht, durch Rabatte und Sonderangebote Kunden anzuziehen. Die Aufschrift „SALE“ lacht dem Kunden in München oder Nürnberg aus nahezu jedem Schaufenster entgegen.
Besonders bei der jungen Generation hat sich ein Bewusstsein für Marken entwickelt, die in Dinkelsbühler Läden nicht zum Angebot gehören. Steuert man dieser Entwicklung nicht rechtzeitig entgegen, so steht nicht nur ein Abwandern der Kaufkraft, sondern auch ein Abwandern der jungen Generation zu befürchten.
Wer offenen Auges durch die Altstadt läuft muss feststellen, dass die leerstehenden Geschäfte zunehmen und immer mehr Einzelhändler den Betrieb einstellen. Jüngst musste mit der „Goldenen Gans“ ein Traditionslokal schließen und wird nunmehr in Wohnraum umgestaltet. Diese Entwicklung ist schädlich für die Stadt. Drängt der Wohnraum die Nutzung als Handels- und Gaststättenfläche zurück, so verliert die Altstadt an Vielfalt und damit an Attraktivität.
Ziel des Outlets ist es, zunächst neue Marken-Läden nach Dinkelsbühl zu bekommen. Eine Mieter-Akzeptanz-Analyse wurde durchgeführt und hat ergeben, dass sich von insgesamt 140 potentiellen namhaften Mietern 55,3% klar zu Dinkelsbühl positioniert haben. Weitere 21,8% haben sich positiv zu Dinkelsbühl geäußert, machen aber ihre Entscheidung von Mieter- und Branchenmix abhängig. 22,7 % sehen von einer Anmietung erst einmal ab und entscheiden nach der Eröffnung des Outlet. Somit gibt es eine positive Resonanz von über 76% für den Standort Altstadt Dinkelsbühl. Fünf wichtige Großmieter aus dem Segment Sport und Fashion wollen neu nach Dinkelsbühl kommen.
Das Outlet bringt also Markengeschäfte nach Dinkelsbühl, die es bislang hier noch nicht gab. Diese sind preislich mit den Rabatt-Angeboten aus den Großstädten mehr als nur konkurrenzfähig.
Wichtig für die Errichtung eines Outlet ist, dass die Rahmenbedingungen aber nicht nur für die Geschäfte, sondern auch für die in der Altstadt wohnenden Bürger passen.
Zur Entlastung des Verkehrs in der Altstadt wurde an der Larrieder Straße ein Grundstück gekauft, auf dem je nach Bedarf ein Parkhaus oder ein Parkplatz entstehen wird. Im Bereich der Schwedenwiese erweitert die Stadt den bestehenden Parkplatz um rund 100 Stellplätze. Beim neuen Kino- und Hotelbereich, der in der Ellwanger Straße entstehen wird, sind ein Parkhaus mit 550 Stellplätzen, sowie 200 weitere Parkplätze im Außenbereich vorgesehen. Im Übrigen hat sich eine Fachrunde Parkplatz gebildet, in der sich neben allen Fraktionen im Stadtrat auch gewerbliche und planerische Kompetenz aus der Stadt wiederfindet.
Besondere Aufmerksamkeit schenken wir dem Denkmalschutz
Städtische Satzungen regeln die Stadtbildpflege und das Verbot unpassender Werbeanlagen und Bauten. Diese Satzungen haben den unverwechselbaren Charakter unserer Altstadt bewahrt. Hiervon jetzt abzuweichen wäre ein nicht zu rechtfertigender Bruch mit Regelungen, die sich über Jahrzehnte bewährt haben.
Leider übersehen die Outlet-Kritiker, dass die härtesten Diskussionen über bauliche Veränderungen in den letzten Jahren keine Gewerbeflächen, sondern Wohnflächen betroffen haben. Exemplarisch verwiesen sei auf die Diskussion zum Stibor-Haus in der Klostergasse. Hier sollte der historische Keller betoniert, ein Aufzug eingebaut, sowie Räume mit zu geringer Bauhöhe abgerissen und neu gebaut werden. Dies hat der Bauausschuss nicht zugelassen. Insofern ist es ein Irrtum wenn man glaubt, Denkmalschutz sei bei Sanierung von Wohnflächen leichter zu gewährleisten als bei Gewerbeflächen. Im Übrigen ist das Landesamt für Denkmalpflege ständiger Gast in der Dinkelsbühler Altstadt und befasst sich derzeit explizit mit dem Denkmalschutz bei Errichtung und Betrieb eines Outlets.
Durch eine geänderte Politik in den letzten 10 Jahren ist es gelungen, die Altstadt zu einer attraktiven Wohngegend zu entwickeln – dies war nicht immer so.
Gleichzeitig wurden Gastronomie, Hotellerie und öffentliche Angebote wie Museum und Theater in der Altstadt sanft weiterentwickelt. Dies schlägt sich sehr positiv in stark wachsenden Besucher- und Übernachtungszahlen wieder. Ebenso sanft und nachhaltig gilt es allerdings auch den Einzelhandel weiterzuentwickeln.
Kerngedanke des Dinkelsbühler Outlet ist es, die Gebäude nicht zu verkaufen, sondern langfristig zu vermieten. Durch vertraglich gesicherte Mieteinnahmen sollen Sanierung und Renovierungsmaßnahmen von jetzt leerstehenden Gebäuden finanziert werden. Hiervon versprechen wir uns einen nachhaltigen Impuls zum Erhalt historischer Gebäude.
Eine Befürchtung schließlich betrifft die zu erwartende Anzahl an Besuchern. Wer davon ausgeht, die Dinkelsbühler Straßen seien zukünftig alle Tage so dicht gefüllt, wie am Pfingstsonntag, der täuscht sich gewaltig. Nach den berechneten Prognosen wird die Besucherzahl in der Dinkelsbühler Altstadt für den Fall des Outlet ungefähr halb so groß sein, wie es die aktuellen Besucherzahlen in der Rothenburger Altstadt derzeit sind.
Bisher gestehen wir den Rothenburger Freunden gerne zu, dass sie über die bekannteste historische Altstadt in Deutschland verfügen. Dinkelsbühl aber hat die die schönste Altstadt Deutschlands. Unser Ziel ist es, aber auch die Altstadt mit dem besten Einzelhandel zu werden. Dies betrifft insbesondere Qualität, Preis und Service. Bei allem Selbstbewusstsein müssen wir aber auch feststellen, dass wir hier noch deutliche Verbesserungspotenziale haben.
Dinkelsbühl war von der Gründung an eine Handelsstadt. Die meisten prägenden Gebäude wurden von wohlhabenden Händlern errichtet, die sich in Dinkelsbühl als der Kreuzung zweier europäischer Handelsstraßen ansiedelten. Deshalb ist es die große Herausforderung, in der Dinkelsbühler Altstadt eine neuartige Handelsstruktur zu schaffen, die in der Lage ist, diesem Strukturwandel erfolgreich zu begegnen.
Wir gehen diese Aufgabe mit Mut und Kreativität an. Angst alleine ist hier ein schlechter Ratgeber. Daher bleibt es unser Ziel, den Einzelhandel in der Altstadt ruhig und seriös weiterzuentwickeln.