Artikel vom 25.04.2024
Podiumsdiskussion des GPA und der JU
Psychische Gesundheit von Jugendlichen
Am Donnerstagabend luden Dr. Ila Schnabel, Vorsitzende des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises der CSU im Landkreis Deggendorf, und Stefan Zitzelsberger, Vorsitzender des Kreisverbandes der Jungen Union in Deggendorf, zu einer Podiumsdiskussion mit dem Thema „Psychische Gesundheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ in den Landgasthof Zwickl in Seebach ein. Knapp 60 interessierte Zuhörer fanden sich im Saal des Gasthauses ein.
Als Referenten duften sie für den Bezirk Niederbayern die Bezirksrätin Renate Wasmeier, in Vertretung für den kurzfristig erkrankten Bezirkstagspräsidenten Dr. Olaf Heinrich und für den Landkreis Landrat Bernd Sibler, Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche Eva Ebner, die für ihren plötzlich erkrankten Ehemann prompt einsprang begrüßen. Als Vertreter der Schulen waren Abiturientin Helena Kiermeier und Beratungslehrerin Beate Hecker vor Ort. Jürgen Beck, Direktor der AOK Bayerwald und Dr. Michael Mandl, Chefarzt der Abteilung Kinderheilkunde am Donau-Isar-Klinikum komplettierten das umfangreiche Redner-Portfolio. Als weitere Gäste im Publikum hießen sie noch Prof. Johannes Hamann, medizinischer Leiter des Bezirksklinikums Mainkofen, Christian Fenzl, Direktor des Bezirksklinikums Landshut und Yvonne Pletl-Schäfer, Leiterin des Kinderschutzbundes Deggendorf-Plattling eV willkommen heißen. Hans Schmalhofer, Bürgermeister von Plattling, Hans-Jürgen Fischer, Bürgermeister aus Offenberg-Neuhausen komplettierten neben den Schulleitern Johann Riedl von der Wirtschaftsschule Deggendorf und Christian Grantner von der Maria-Ward- Realschule Deggendorf die lange Liste der prominenten Zuhörerschaft.
Viel in die psychische Gesundheit von Jugendlichen investiert der Bezirks Niederbayern. Bezirksrätin Renate Wasmeier berichtete, dass die einzige stationäre Einrichtung für Kinder-Psychiatrie momentan am Bezirkskrankenhaus Landshut besteht. Derzeit baue man eine entsprechende Einrichtung auch in Passau auf. Außerdem können Jugendliche in teilstationären Tageskliniken, wie beispielsweise am Donau-Isar-Klinikum behandelt werden. Der Bezirk würde gerne noch mehr Tageskliniken und Ambulanzen aufbauen, aber der Mangel Fachpersonal erschwert die Situation enorm. Sie forderte eine Flexibilisierung der starren Personalanforderungen um größerer Handlungsspielräume zu erreichen. Dr. Ila Schnabel berichtete von Zahlen, die von Dr. Gassen, Bundesvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung genannt worden sind, aus denen hervorgeht, dass im Jahr 2035 mindestens 20 Prozent im Bereich der psychologischen Psychotherapie sowohl bei Kindern, wie auch Erwachsenen fehlen würden. Renate Wasmeier antwortete darauf, dass Kinder- und Jugendpsychiatrie in der momentan Medizin-Ausbildung kaum eine Rolle spielen und somit die angehenden Ärztinnen und Ärzte damit nicht in Berührung kommen. Darauf weist der Bezirk Niederbayern immer hin. Mit dem im Herbst 2024 startenden Medizin-Campus Niederbayern wird sich das Bezirksklinikum Mainkofen mit der Außerstellen Passau diesem Thema annehmen.
Präventive Arbeit hat für Landrat Bernd Sibler oberste Priorität. So hob er Einrichtungen wie den Kreisjugendring, den Kinderschutzbund aber auch die Vereine hervor, die durch ihre Arbeit einen großen Teil der Prävention für die psychische Gesundheit übernehmen. Aber auch das Thema Jugendsozialarbeit wird immer wichtiger. In Jahr 2001 brachte der Landkreis Deggendorf 1,1 Millionen € netto für die Jugendsozialarbeit auf und im Jahr 2024 werden es schon netto 12 Millionen € an Ausgaben sein. Bernd Sibler macht sich daher schon Sorgen wegen den steigenden Anforderungen an die Jugendhilfe. Was aber auch eine Aussage über die Gesellschaft in seinen Augen ist. Laut Landrat Bernd Sibler muss Prävention sehr früh anfangen, damit die Menschen in Zukunft wieder befähigt sind viele Probleme zB durch Unterstützung innerhalb der Familie und des Freundeskreises schon im Keim selber anzugehen. Stefan Zitzelsberger, selbst Lehrer seit 2016, meinte dazu, dass die Fälle mehr werden und er Social Media auch als ein Problem identifiziert habe. Sicher habe auch die Corona-Pandemie ihren Anteil. Er findet aber auch, dass ein starker Rückhalt bei den Eltern sehr wichtig sei.
Diplom-Psychologin Eva Ebner stellte in ihrer Arbeit immer mehr fest, dass die Fälle von Magersucht und Depressionen von Jugendlichen zunehmen und die Fälle an Intensität zunähmen. Auch sie mahnte an, dass Personal in den stationären und teilstationären Einrichtungen fehle. So müsse man zusammen mit den Ambulanzen, den Schulen und den Eltern ein Netz aufbauen, dass die Jugendlichen auffangen kann. Eine wachsende Problematik würden auch die Zukunftsängste der Jugendlichen darstellen. Für das Personal in den Einrichtungen seine Wertschätzung, Arbeitsklima und Bedingungen wichtig. Sie stellte ein Verpflichtendes soziales Jahr in den Raum, in dessen Rahmen die Jugendlichen soziale Berufe kennenlernen könnten und damit eventuell den jungen Erwachsenen auch neue Berufsmöglichkeiten näher gebracht werden könnten.
Im Rahmen ihres P-Seminars am Robert-Koch-Gymnasium in Deggendorf arbeitete Helena Kiermeier mit Mitschülern an einer TV-Sendung zum Thema „Psychische Belastung von Jugendlichen“ und beschäftigte sich mit dem Thema ausführlich. Sie berichtete dabei über Interviews mit Ärzten zu diesem Thema. Die Sendung sei von Schülern für Schüler entstanden. Ihrer Meinung nach sei das Reden über solche Themen im Freundeskreis sehr wichtig. Wenn Freunde Warnsignale wie Änderung des Ess-Verhaltens oder die Art der Kommunikation wahrnehmen, dann dürfen sie diese nicht ignorieren. Aber sie meinte auch, dass Lehrer in Schulen große Verantwortung tragen und sie sollten sich dieser auch bewusst sein.
Beratungslehrerin Beate Hecker meinte, dass sich die Wahrnehmung der Öffentlichkeit für das Thema psychische Gesundheit in den letzten Jahren geschärft hat. Für Jugendliche sei es vor allem wichtig, dass sich jemand Zeit für sie nimmt. Auch für sie ist die gegenseitige Achtsamtkeit im Familien- und Freundeskreis extrem wichtig. Dabei seien auch vorbildhafte Erwachsene sehr wichtig ebenso wie eine konsequente Erziehung. Aber in ihrer Arbeit hat sie auch die sozialen Medien als häufigen Ursprung von Problemen erkannt. Sie forderte die Gesellschaft auf tolerant zu sein, aber auch den Jugendlichen klare Leitplanken zu geben.
AOK-Direktor Jürgen Beck berichtete, dass die Fallzahlen das Niveau von 2015 haben. Aber der Anteil von Klinikeinweisungen im psychiatrischen Bereich in den letzten 10 Jahren von 15% auf 20% gestiegen sei. Auch er meinte, dass sich seit Corona die Wahrnehmung geändert hat. Die Krankenkassen steigen momentan in die Prävention ein. So gibt es schon Projekte in Kindergärten, in denen man sich damit beschäftigt. Im Landkreis Landkreis laufen derzeit schon Initiativen zusammen mit der Gesundheitsregionplus und dem Kreisjugendring.
Dr. Michael Mandl hält die Tagesklinik im Donau-Isar-Klinikum für sehr wichtig, da hier eine enge Vernetzung in der Arbeit der Kinderheilkunde zusammen mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie stattfinde. Er merkt aber auch, dass viele Patienten aus den Ballungsräumen nach Deggendorf kommen, da dort viele Einrichtung völlig überlastet seien. Bei seinen Visiten auf den Stationen stellte er fest, dass früher Bücher bei den Kinder und Jugendlichen sehr gefragt waren. Jetzt sind diese komplett verschwunden und er sehe nur noch Smartphones und Tablets. Er finde auch dass die Digitalen Medien ein Problem seinen und rief auf Konzepte für einen vernünftigen Umgang damit zu finden. Auch sei eine Sensibilität den Kindern gegenüber sehr wichtig.
In der anschließenden Diskussion meinte Prof. Dr. Johannes Hamann aus Mainkofen, dass er sich weichere Grenzen zwischen der Erwachsenen- und Jugendpsychiatrie wünschen würde. Denn momentan fallen Jugendliche mit dem 18. Geburtstag in den Bereich der Erwachsenenpsychiatrie. Großen Applaus erntete ein 19 Jähriger der in seinem Statement auch sich für Leitplanken für die Jugendlichen aussprach und auch ein verpflichtendes soziales Jahr gut findet um sich auch für die Zukunft orientieren zu können.
Bericht & Foto: Florian Roßmeisl