Artikel vom 03.05.2017
Luther trifft Politik
"Die Ordnung" als Kompass begreifen
„Freiheitlichkeit und Selbstverantwortung sind Bestandteile lutherischen Denkens, die auch im unter der Regie von Markus Blume entstanden neuen Grundsatzprogramm der CSU Einzug gehalten haben“, so der Landesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CSU (EAK), Christian Schmidt. Zu Beginn der Thesendisputation schlug der Bundesminister damit im 500. Jahrestag der Reformation einen Bogen von Martin Luther zur aktuellen Politik und zu der Frage, welche Rolle christliche Grundsätze in der Politik spielen können oder sollten.
Unter der kurzweiligen und professionellen Moderation der unterfränkischen EAK-Bezirksvorsitzenden Barbara Becker tauchte immer wieder die Frage auf: „Welche Thesen würde Martin Luther heute anschlagen?“. Schon in seinem launigen Grußwort ging Bundestagsabgeordneter Artur Auernhammer darauf ein und meinte: „Wir sind alle keine Hellseher, aber vermutlich würde er im Hinblick auf die Sozialen Medien fordern, dass mehr miteinander statt übereinander geredet wird“.
Niemand macht alles richtig
„Es gibt es niemanden, der alles richtig macht“, meinte Christian Schmidt. Auch Luther und die christliche Lehre gäben keine konkreten Handreichungen zu politischem Handeln. Während christliche Werte oft zur Absolutierung neigten, würde die Politik eher die Relativierung bevorzugen. „Es sind halt fast immer Kompromisse notwendig und die ‚reine Lehre‘ sei ohnehin – wenn überhaupt – nur auf demokratischem Wege durchsetzbar“.
Gisela Bornowski, seit 2014 Regionalbischöfin im Kirchenkreis Ansbach-Würzburg, ging in ihrem Eingangsstatement auf christliche Grundsätze ein, die sich unter anderem in den Begriffen Frieden, Gerechtigkeit, Wahrung der Schöpfung, Nächstenliebe und Würde des Menschen widerspiegelten.
Der stellvertretende CSU-Generalsekretär und Landtagsabgeordnete Markus Blume erinnerte daran, dass das christliche Menschenbild auch zur Verantwortung verpflichte. Deshalb nenne sich das neue Grundsatzprogramm auch „Die Ordnung“, weil es ein Kompass im Spannungsfeld um das verantwortungsvolle Ringen um den jeweils richtigen Weg sein könne.
Was würde Luther heute sagen?
„Luther würde heute vermutlich dazu aufrufen, mutig zu sein und nicht über jedes Stöckchen des Zeitgeistes zu springen“, so Markus Blume. „Zusammenführen statt spalten“ seien wesentliche Aufgaben der Volkskirchen wie auch der Volksparteien.
Ähnlich argumentierte Regionalbischöfin Gisela Bornowski und rief eine uralte und doch fortwährend gültige Aufforderung aus dem Buch des Propheten Jeremia in Erinnerung: „Suchet der Stadt Bestes“. Luther würde heute vermutlich ausrufen: „Tretet für Eure Überzeugungen ein, geht aber auch barmherzig mit Euch selbst und den Ansprüchen anderer um“. Und nach Ansicht des stellvertretenden CSU-Vorsitzenden Christian Schmidt würde Luther möglicherweise „das ständige Kritisieren und die sprachliche Radikalität des Plattmachens in den Sozialen Netzwerken an den Pranger stellen“.
Gelebte Leitkultur – Spielregeln des Zusammenlebens
Nachdem immer wieder der Begriff „Leitkultur“ zu Unrecht kritisch beäugt werde, ging der Vorsitzende der CSU-Kommission für Grundsatzfragen und Programm, Markus Blume, auf die Frage ein: „Was hält unsere Gesellschaft zusammen?“. Nach seinen Worten brauche jedwedes Zusammenleben gewisse Spielregeln und nicht nur eine Rechts-, sondern auch eine kulturelle Grundordnung. Dazu gehöre das Bekenntnis zu christlichen Grundwerten, „ohne andere auszuschließen. Unsere Gesellschaft muss so viel Respekt haben, andere und ungewohnte Lebensverhältnisse auszuhalten“. Auch Muslime könnten demnach ihren Glauben ausleben, „aber mit klarer Kante. Der Glaube ist keine Gesellschaftsordnung und muss im Einklang mit unserer verfassungsmäßigen Ordnung stehen“. Nach Ansicht von Gisela Bornowski könne man am ehesten der Islamisierung entgegenwirken, indem der christliche Glaube bewusst vorgelebt würde.
Bewusst christlich leben
In diesem Zusammenhang wurde das vom EAK angestoßene Projekt „Bewusst christlich“, welches mit Broschüren und Karten christliche Werte und Traditionen aufzeigt, vielfach gelobt. Die Diskussion drehte sich unter anderem um Fragen der Fluchtursachen und des Kirchenasyls, des Klimaschutzes und der Verschwendung von Lebensmitteln. Angesprochen wurde zudem die Christenverfolgung: „Christen sind die weltweit größte verfolgte Gruppe“, so Christian Schmidt und betonte, dass sich jetzt auch die EU-Kommission diesem Thema ernsthaft annehme.
Mit der Tagung im Refektorium des Heilsbronner Münsters wurde eine vom mittelfränkischen EAK-Bezirksverband vor 30 Jahren eingeführte Tradition vom Landesverband fortgesetzt, jeweils am 1. Mai grundsätzliche und aktuelle Themen zu diskutieren. Dass auch diesmal das richtige Motto gewählt wurde, zeigte u.a. die Teilnahme des Landtagsabgeordneten Jürgen Ströbel und des Bezirkstagspräsidenten Richard Bartsch mit Bezirksrat Herbert Lindörfer sowie des Heilsbronner Ersten Bürgermeisters Dr. Jürgen Pfeiffer. Eifrig mitdiskutiert hat auch der „Hausherr“ und Heilsbronner Pfarrer Dr. Ulrich Schindler. Unter den zahlreichen Gästen waren auch der mittelfränkische Vorsitzende des Bezirksjugendrings, Bertram Höfer, und EAK-Bezirksvorsitzender Hans-Jürgen Hopf.