Artikel vom 22.03.2024
Hardtheim
Vortrag des Generalinspekteurs der Bundeswehr in Hardtheim
In einer Welt, die zunehmend von Unsicherheiten und potenziellen Bedrohungen gezeichnet ist, steht die Frage im Raum: „Können Sie Krieg, können wir Krieg? Und müssen wir es können?“ Diese Fragen sind nicht nur rhetorischer Natur, sondern rufen nach einer tiefgründigen Reflexion über unsere kollektive Bereitschaft und Fähigkeit, mit den unvorhersehbaren Herausforderungen unserer Zeit umzugehen.
Über Jahre hinweg haben wir als Gesellschaft daran gearbeitet, den Frieden zu wahren und Kriege zu vermeiden. Dennoch stellt sich die Frage, ob wir, konfrontiert mit der Realität eines möglichen Konflikts, darauf vorbereitet sind. Die Berichterstattung in den Nachrichten über globale Spannungen und Konflikte mag für einige von uns weit entfernt erscheinen, doch die aktuelle geopolitische Lage zeigt, dass die Bedrohungen näher sind, als wir vielleicht wahrhaben möchten.
Die Einsicht, dass ein Staat einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führen kann, der unsere Freiheit, unseren Frieden und unseren Wohlstand gefährdet, ist eine beunruhigende Realität. Es scheint, als ob die Bedeutung und die Konsequenzen dieser Tatsache in unserer Gesellschaft noch nicht vollständig verstanden oder akzeptiert wurden. Der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sprach einst von den „Unknown Unknowns“ – den unbekannten Unbekannten. Für uns heute sind es eher „unwanted unknowns“, die ungewollten Unbekannten, mit denen wir konfrontiert sind. Die Nähe des Krieges in Europa ist eine unübersehbare Tatsache, die wir nicht länger ignorieren können. Die Annahme einer unverwüstlichen Sicherheit, die viele von uns vielleicht einst hatten, ist in der heutigen Welt nicht länger haltbar. Je weiter wir uns physisch von den Krisenherden entfernt fühlen, desto geringer scheint die unmittelbare Relevanz für unser tägliches Leben. Doch diese Wahrnehmung ist trügerisch.
Die entscheidende Frage ist, ob wir als Gesellschaft in der Lage und bereit sind, uns zu verteidigen. Sollten wir diese Fähigkeit nicht besitzen oder den Willen dazu nicht aufbringen, riskieren wir, dass unsere Zukunft von externen Kräften bestimmt wird. Hier in Aschaffenburg, als Kreisverband des ASP, sehen wir uns als sicherheitspolitischen Ansprechpartner und als Brücke zwischen den Bürgern und der Politik. Uns ist es ein Anliegen, einen offenen Dialog zu fördern und die Bedeutung einer gemeinsamen Verteidigungsbereitschaft zu unterstreichen.
„Strategische Gelassenheit“ bedeutet nicht, die Augen vor den Realitäten zu verschließen oder passiv zu bleiben. Es bedeutet vielmehr, sich bewusst zu werden, aktiv zu planen und vorzubereiten, um auf unvorhersehbare Herausforderungen mit Stärke und Entschlossenheit reagieren zu können. Es geht darum, ein Bewusstsein für die „unwanted unknowns“ zu entwickeln und als Gemeinschaft Strategien zu entwerfen, die uns ermöglichen, unseren Frieden und unsere Freiheit zu bewahren.