Einflussreiche Wirtschafts-Referenten zu Gast

Arbeitskräftemangel und Fachkräftemangel

Weisendorf-Oberlindach: Erneut konnte Peter Brehm, Kreisvorsitzender der Mittelstands-Union ERH hochkarätige Gastredner für sein Unternehmerfrühstück am 24.Mai 2022 gewinnen.

In der gut gefüllten Eventscheune des Hotels ACANTUS konnte er den aus München angereisten Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., Prof. Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Mittelfranken, den per Video zugeschalteten Europaabgeordnete Markus Ferber, sowie den Landtagsabgeordneten Walter Nussel, den Bürgermeister von Weisendorf Karl-Heinz Hertlein und die zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste begrüßen.

 

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.

„Es geht ans Eingemachte, die Transportwege sind massiv gestört, wir brauchen eine neue aktive Industrie- und Energiepolitik.“ Bertram Brossardt fand drastische Worte und malte auch das Schreckgespenst einer Rezession an die Wand, falls ein Gasembargo gegen Russland verhängt wird. Stark betroffen wären dann auch die Stadt Erlangen und der Landkreis ERH.

Natürlich gelte es, sich unabhängig von Russland zu machen und die Gasspeicher aufzufüllen gemäß dem Motto: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“ Ein Embargo zum jetzigen Zeitpunkt aber könnte laut unterschiedlichen Prognosen und Studien einen Wirtschaftseinbruch zwischen sechs und zwölf Prozent nach sich ziehen, verbunden mit erheblichen Arbeitsplatzverlusten. Für die Stadt Erlangen könnte das bei der Wirtschaftskraft neun Prozent und bei den Erwerbstätigen sieben Prozent bedeuten, während der Landkreis mit rund sieben Prozent betroffen sein dürfte. Und zu den Sanktionen sagte der Referent: „Diese machen keinen Sinn, wenn wir uns selbst schwächen.“

Deshalb gelte es einzusparen, erneuerbare Energien (Wasserkraft, Biomasse, Windenergie) zu fördern, eine Leitung von Nord nach Süd zu bauen und staatliche Ansprüche abzusenken („Die Stromsteuer ist zu hoch“), denn ansonsten „sind wir platt“.

Brossardt warb auch dafür, Abhängigkeiten zu vermeiden und wichtige Produkte „wieder hier zu produzieren“. Ebenso warnte Brossardt davor, die Wirtschaft weiter zu belasten. Er möchte nicht, dass der Verbrenner ab 2035 tot ist, dies sollte die Politik den Marktplayern überlassen.

Zur schnellen Abhilfe des „Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels“ fordert Brossardt, daß die von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen intensiv qualifiziert und dem Arbeitsmarkt neu zugeführt werden müssten. „Auch ohne Frauen in Vollzeit geht bei uns nichts mehr“, so eine weitere Feststellung. Ebenso müsse man zur Rente mit 67 Jahren kommen und wer noch länger arbeite, sollte auch mehr Rente bekommen.

 

Markus Ferber, Mitglied des Europaparlaments (MdEP)

Sprecher des Parlamentskreises Mittelstand (PKM) im Europäischen Parlament

Markus Ferber wurde als zweiter Referent virtuell aus  Brüssel zugeschaltet. Für ihn sei die Pandemie wirtschaftlich noch lange nicht überwunden, die verstärkte Kreditaufnahme sei schädlich und natürlich ebenso die Inflation. Für aberwitzig hält es Ferber, wenn man ab 2035 den Pfad des Verbrennermotors verlassen würde. „Das schadet uns ökonomisch massiv.“

Der extreme Fachkräftemangel käme zu der schwierigen wirtschaftlichen Situation hinzu, was viele der anwesenden Unternehmer bestätigen konnten. Um den Fachkräftemangel entgegenzuwirken, möchte die EU-Kommission die Zuwanderung von Arbeitskräften vereinfachen, Regeln für eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis könnten dann gelockert werden. Seitens der EU-Kommission gibt es auch das EURES-Portal, ein europäisches Kooperationsnetz für Arbeitsvermittlungsdienste. Das Netz erstreckt sich auf alle EU-Länder sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Nähere Informationen findet man unter: ec.europa.eu/eures/portal/jv-se/home

Als direkten Ansprechpartner bei der Suche nach Arbeitskräften verwies Ferber vor allem auf die Handwerkskammer und dem ihm nachfolgenden Redner.

 

Prof. Dr. Elmar Forster

Hauptgeschäftsführer der HWK für Mittelfranken

Von einem Lehrlings- und Fachkräftemangel in Deutschland sprach der letzte Referent, Professor Elmar Forster, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Mittelfranken. Über 70.000 Fachkräfte fehlten. In Mittelfranken sei man mit Aufträgen

sehr gut ausgelastet, aber Arbeitskräfte fehlen. „Glück hat man, wenn man einen Handwerker kennt.“ Forster sprach auch von einem „Akademikerwahn“ und warb für die duale Ausbildung, die es anderswo kaum so gebe wie bei uns. Er geißelte in diesem Zusammenhang die Flut von vielen und verschiedensten Bachelor- und Masterabschlüssen, z.B. Master of Hairdressing. „Auch wie man eine Promenade anlegt, hat man schon im 18. Jahrhundert gewusst, da braucht es dafür keinen extra Studiengang!“ Wenn heutzutage ein Handwerker benötigt wird, dann heißt es inzwischen nicht mehr: „Was kostet es, sondern wann können Sie kommen?“ Wichtig sei es, sich auch um die vielen Studienabbrecher zu kümmern, die integriert werden könnten. Allerdings gebe es hier Probleme seitens des Datenschutzes („Typisch deutsch“).

 

Nach einer kurzen Abschlussdiskussion bedankte sich Peter Brehm bei den Anwesenden und beendete die rundum gelungen Veranstaltung.