Artikel vom 28.03.2025
Länderfinanzausgleich muss reformiert werden
Leistung belohnen statt Daueralimentation

Der Länderfinanzausgleich ist ungerecht: Er überfordert leistungsfähigere Bundesländer und setzt im Gegenzug keine Anreize für Nehmerländer, eigene Sparbemühungen auf den Weg zu bringen. Deshalb gehört der Länderfinanzausgleich dringend reformiert. Diese These mag für manche hinreichend bekannt klingen – dennoch ist sie aktueller denn je. Unser Land befindet sich im Umbruch, alte Gewissheiten zählen nicht mehr, wir müssen uns in vielen Bereichen neu aufstellen und fit für die Zukunft machen. Genau das geschieht gerade bei den Koalitionsverhandlungen über eine künftige Bundesregierung. Wann also, wenn nicht jetzt, gäbe es einen besseren Zeitpunkt für eine Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen?
Ja, der Länderfinanzausgleich ist eine Säule der deutschen Politik. Er wurde geschaffen, um Unwuchten unter den Ländern auszugleichen, schwächere Regionen zu fördern und gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. Doch mittlerweile ist es vor allem der Finanzausgleich selbst, der sich durch massive Unwuchten auszeichnet. Er hat sich schlicht und einfach überholt. Dabei hat nur ein gerechtes Ausgleichssystem auf Dauer eine Zukunft. Deshalb muss der Finanzausgleich neu gestaltet werden.
Gute Ideen für eine Reform liegen vor. Der Kerngedanke dabei lautet: „Hilfe zur Selbsthilfe statt Daueralimentierung.“ Dafür brauchen wir klare Maßstäbe, nach denen sich die Unterstützung sowohl zeitlich befristen als auch in der Höhe auf eine echte Hilfe zur Selbsthilfe beschränken lässt. Wir brauchen überdies normativ geregelte Eckpunkte in Form einer Belastungsobergrenze, die verhindern, dass die Geberländer entscheidend geschwächt werden. Und den Leistungsgedanken sollten wir berücksichtigen, indem wir Prämienmodelle und Anreizsysteme stärker in das System integrieren, die eine erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik belohnen.
Anders gesagt: Ein gerechter Länderfinanzausgleich muss deutlich mehr Anreize setzen und Anstrengungen zur Stärkung der eigenen Steuerkraft belohnen. Schuldenabbau und sparsame Haushaltsführung müssen auch für den Finanzausgleich wichtige Kriterien sein. Das Stichwort heißt: Eigenverantwortung. Weitere Diskussionspunkte sind die Abschaffung der Einwohnerwertung, eine verminderte Berücksichtigung der Kommunalfinanzkraft sowie die Abschaffung ungerechter Sonderzuweisungen.
Für uns ist klar: So wie es ist, kann es nicht bleiben. Das zeigen die aktuellen Zahlen für 2024 ein weiteres Mal. Das Volumen des Länderfinanzausgleichs – oder Finanzkraftausgleichs, wie er seit 2020 offiziell heißt – stemmen vor allem drei Länder: Bayern mit 9,77 Milliarden Euro, Baden-Württemberg mit 5,04 Milliarden Euro und Hessen mit 3,74 Milliarden Euro. Nur Hamburg ist mit 0,11 Milliarden Euro noch ein weiteres Geberland. So geht das schon seit Jahren. Um die finanziellen Dimensionen zu verdeutlichen: Baden-Württemberg zahlte bis heute über 90 Milliarden Euro, Bayern fast 130 Milliarden Euro (und erhielt anfangs 3,4 Milliarden Euro) und Hessen fast 80 Milliarden Euro. Auch die 2020 in Kraft gesetzte Reform des Finanzausgleichs führte nur kurzzeitig zu gewissen Erleichterungen für die drei Geberländer.
Wir sind gern bereit zu helfen. Wir waren und sind solidarisch, doch der Länderfinanzausgleich ist es nicht. Er gefährdet die Zukunftsfähigkeit unserer Länder. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen schultern seit Jahren hohe Beiträge, während sie gleichzeitig ihre eigene Infrastruktur nur noch mühsam modernisieren können. Es kann und darf nicht sein, dass zumindest in einigen Empfängerländern großzügige Sozialleistungen wie kostenfreie Kitaplätze ausgebaut werden, während wir Geberländer unseren Bürgerinnen und Bürgern solche Leistungen nicht mehr ermöglichen können.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Das dem Finanzausgleich zugrundeliegende Prinzip, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland anzustreben, bleibt selbstverständlich richtig. Doch es darf nicht zu einer Überkompensation und Fehlanreizen führen, bei denen Anstrengung durch Umverteilung ausgebremst wird. Wettbewerb und Eigenverantwortung sind die Garanten für Innovation und Wohlstand – nicht ein übertriebener Umverteilungsmechanismus.
Wer am politischen Ziel gleichwertiger Chancen für alle festhalten will, muss endlich den Mut zu einer umfassenden Reform des Länderfinanzausgleichs aufbringen. Leistung muss sich wieder lohnen – diese Maxime gilt in unseren Ländern und für unsere Politik. Wir brauchen deshalb einen Ausgleich, der nicht dauerhaft den Anschein erweckt, Geberländer würden dafür bestraft, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Jetzt ist der Zeitpunkt, um den Föderalismus fit für die kommenden Herausforderungen zu machen – zum Wohl aller Bürgerinnen und Bürger in der gesamten Bundesrepublik.
Gastbeitrag „Fremde Federn“ von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Hessens Ministerpräsident Boris Rhein und dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Landtag Baden-Württembergs Manuel Hagel. Erschienen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28. März 2025.