Lagebild zur Hasskriminalität 2023

Herrmann: Wir werden den Kampf gegen Hasskriminalität erheblich verstärken

Die Gesamtzahl der Straftaten im Bereich Hasskriminalität ist in Bayern in den vergangenen Jahren massiv angestiegen. Von 2019 bis 2023 registrierte die Polizei ein Plus von rund 84 Prozent. Das ging aus einem Lagebild hervor, den Innenminister Joachim Herrmann, Sozialministerin Ulrike Scharf und Justizminister Georg Eisenreich vorgestellt haben. Die bayerische Staatsregierung hat dem Verbrechensphänomen seit Jahren in besonderer Weise den Kampf angesagt - im Internet wie im realen Leben. "Kein Täter kann sich in Bayern in Sicherheit wiegen, Geschädigte lassen wir nicht alleine", betonte Herrmann.

Hasskriminalität ist laut Herrmann eine besonders verwerfliche Form von Straftaten und auch bundesweit immer mehr auf dem Vormarsch. Darunter fallen solche Straftaten, die etwa wegen der Nationalität, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, sexuellen Orientierung oder Geschlecht der Opfer begangen werden. Laut Lagebild ist die Gesamtzahl der unter Hasskriminalität gefassten Straftaten in Bayern von 2019 bis 2023 um rund 84 Prozent gestiegen (2019: 1.016; 2023: 1.867). "Bei der Motivlage zeigt sich bei der Hasskriminalität größtenteils eine rechte Motivation", erläuterte Herrmann. "1.283 Fälle und damit mehr als zwei Drittel der Gesamtdelikte fielen 2023 unter diesen Phänomenbereich." Die antisemitischen Straftaten erreichten im Fünfjahresvergleich mit insgesamt 589 Delikten in 2023 einen Höchstwert und hatten sich seit 2019 (310) fast verdoppelt. "Der Anstieg liegt im Wesentlichen im furchtbaren Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 begründet", so der Innenminister.  

Nach Herrmanns Worten ist im Bereich der Hasskriminalität immer noch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. "Nur wenn Geschädigte zur Polizei gehen und Hasskriminalität anzeigen, können die Täter zur Verantwortung gezogen werden", machte der Innenminister deutlich. Dass sich der Gang zur Polizei rentiere, zeige auch die Aufklärungsquote: Im vergangenen Jahr konnten mehr als zwei Drittel der angezeigten Fälle aufgeklärt werden (68 Prozent). "Jede Anzeige erhöht die Wahrscheinlichkeit, Täter zur Verantwortung ziehen zu können", betonte Herrmann.

Sozialministerin Scharf: "Neben einer konsequenten Strafverfolgung der Täterinnen und Täter dürfen wir niemals die Betroffenen aus dem Blick verlieren. Der Freistaat Bayern steht an ihrer Seite. Sie dürfen mit den Folgen dieser schrecklichen Taten nicht alleine gelassen werden. In Bayern etablieren wir einen proaktiven Beratungsansatz, der Betroffenen direkt bei Strafanzeigenstellung ein passendes Beratungsangebot vermitteln kann. So kommt die Unterstützung der Beratungsstellen noch gezielter bei den Betroffenen an."

Justizminister Eisenreich: "Hasskriminalität ist keine Bagatelle und wird in Bayern konsequent verfolgt. Die Justiz verstärkt dazu kontinuierlich ihre Strukturen. Zum 1. Juni 2024 haben wir die Kompetenzen der bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelten Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) auf sämtliche Bereiche der analogen und digitalen Hasskriminalität ausgeweitet. Damit erhöhen wir unsere Schlagkraft. Die ZET kann bayernweit Verfahren von herausgehobener Bedeutung an sich ziehen." Im Kampf gegen antisemitische Straftaten hat die Justiz bereits seit Oktober 2021 einen Zentralen Antisemitismusbeauftragten bei der ZET angesiedelt, der die nachdrückliche und konsequente Verfolgung antisemitischer Straftaten durch alle bayerischen Staatsanwaltschaften koordiniert. Eisenreich: "Deutschland und die Welt erleben nach dem 7. Oktober 2023 die schlimmste Welle von Antisemitismus seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Judenhass gibt es an den Rändern, in der Mitte der Gesellschaft und unter Zuwanderern. Der Rechtsstaat muss klare Grenzen setzen und Jüdinnen und Juden schützen."

Zweidrittel der Fälle konnten aufgeklärt werden

Trotz der besorgniserregenden Gesamtzahl der Vorfälle bietet das Lagebild aber auch Grund zur Hoffnung: So konnten im vergangenen Jahr mehr als Zweidrittel der Fälle aufgeklärt werden, insgesamt 68,08 Prozent. Dabei wurden 1372 Verdächtige von der Polizei ermittelt. Die überwiegende Mehrheit der Verdächtige waren Männer (1098).