Landesversammlung 2017

KPV-Landesversammlung 2017 mit Ministerpräsdent Horst Seehofer

v. l.: BürgermeisterWolfgang Förtsch, Landrat Dr. Oliver Bär, KPV-Landesgeschäftsführer Jörg Kunstmann, Ministerpräsident Horst Seehofer, KPV-Landesvorsitzender Landrat Stefan Rößle und Bürgermeister Heiko Hain

Das Prinzip von Maß und Mitte

Laut Vorsitzendem Rößle sind die vergangenen Jahre für die Kommunen voller Herausforderungen gewesen. Gerade in diesen schwierigen Zeiten habe Horst Seehofer sie nicht allein gelassen. Insgesamt hätten sich mit der größten Entlastung für bayerische Gemeinden, Städte und Landkreise seit Bestehen der Bundesrepublik die Rahmenbedingungen für kommunales Handeln entscheidend verbessert.

Bund trägt die Kosten der Grundsicherung

So habe der Bund seit 2014 die Kosten der Grundsicherung in Höhe von rund 25 Mrd. Euro´vollständig übernommen. Beschlossen sei ab 2018 eine Entlastung in Höhe von 5 Mrd. Euro, inklusive 3 Mrd. Euro Sonderentlastung vorab von 2015 bis 2017. Hinzu kämen 3,5 Mrd. Euro für den Kommunalinvestitionsförderungsfonds für finanzschwache Kommunen, in Bayern als „KIP“ (Kommunales Investitionsprogramm – 289 Mio. Euro) ausgereicht sowie 2 Mrd. Euro für die Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge bis 2018. Neue Spielräume bei Investitionen und Personal gebe zudem der bayerische Rekordfinanzausgleich 2017 mit 8,8 Mrd. Euro. Mit dem Heimatplan wiederum seien mehrere Initiativen zusammengefasst worden (Behördenverlagerungen, neue Hochschulstandorte auf dem Land, LEPFortentwicklung),zu denen auch das 1,7 Milliarden Euro-Förderprogramm für den Ausbau des schnellen Internets auf dem Land gehört.

Weitere Mittel für Bauprogramme

Als weitere Verbesserungenführte Rößle schließlich erhöhte Mittel bei der Dorferneuerung und zusätzliche Mittel für Städtebauförderung, das Bayerische Wohnungsbauprogramm sowie die Stärkung der Sicherheit vor Ort an.
„Wir brauchen in Zukunft noch mehr CSU-geprägte Politik auf Bundesebene und damit mit mehr bayerischer Kommunalfreundlichkeit. Das gemeinsame Wahlprogramm mit der CDU, vor allem aber auch der Bayernplan machen Hoffnung, dass dies so kommen wird“, betonte der KPV-Vorsitzende. Was die inhaltliche Ausrichtung für die nächsten Jahre anbelangt, hatte Stefan Rößle freilich auch einige Forderungen im Gepäck. Besondere Bedeutung maß er dabei folgenden Themen bei:

1. FAG: Krankenhausfinanzierung weiter verbessern
Grundsätzlich gilt: Kommunale Krankenhäuser sichern die Versorgung im ländlichen Raum. Sie sind Standort- und Wirtschaftsfaktoren vor Ort sowie große Arbeitgeber, die im Gegensatz zu vielen Privaten weitgehend ohne lohndrückende Personalgesellschaften auskommen. Der Bau und der Unterhalt der Gebäude sowie eine moderne medizinische Ausstattung bringen hohe Kosten mit sich. Die 500 Mio. Euro nach Art. 12 Finanzausgleichsgesetz, die in Bayern bisher hierfür jährlich zur Verfügung stehen, reichen nicht aus und müssen nach Ansicht der KPV auf 700 Mio. Euro angehoben werden.

2. Förderprogramm für kommunale Bäder
Für die KPV verkörpern Hallen- und Freibäder aus mehrfacher Hinsicht ein Stück Lebensqualität für die Bevölkerung. Es ist Aufgabe der Kommunen, die öffentlichen Bäder zu erhalten und zu finanzieren. Immer weniger Kinder können schwimmen - alarmierende Zahlen belegen dies. Gleichzeitig müssen immer mehr Bäder geschlossen werden, deren Sanierung nicht für die kommunalen Haushalte darstellbar ist. Die KPV fordert deshalb ein Förderprogramm zu kommunalen Schwimm- und Hallenbädern mit frischem Geld - außerhalb des kommunalen Finanzausgleiches. Eine grundsätzliche Vorabstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden ist bereits erfolgt.

3. Reduzierung der Baukosten / weitere Ankurbelung Wohnungsbau
Ein weiteres wichtiges Thema sind die massiv gestiegenen Kosten im Hochbaubereich – inklusive steigender Nebenkosten, die manchmal bis zu 30 % betragen (z. B. durch Honorare für Architekten- und Ingenieurleistung, Brandschutz und Energiesparverordnung, großzügigere Genehmigung von Raumprogrammen der Regierungen, zunehmende Ganztagsangebote). Dringend nötige Investitionsprojekte für Schulen und Kinderbetreuung werden dadurch belastet, wie auch der enorm wichtige kommunale bzw. soziale Wohnungsbau. Für den gesamten Bereich Wohnungsbau fordert die KPV, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern (Anreize schaffen) und die Auflagen zu reduzieren oder wenigstens nicht weiter zu erhöhen. Der Wohnungsmarkt, gerade für bezahlbaren Wohnraum, ist extrem angespannt. Auch hier drängt die KPV auf eine zeitnahe Lösung.

4. FAG: Investitionsförderung insgesamt ausweiten
Gerade im Zusammenhang mit den immer weiter steigenden Baukosten ist eine weitere Erhöhung der Fördermittel für den Hochbau nach Art. 10 FAG nötig. Teilweise werden Investitionen - auch in wichtige Infrastrukturprojekte trotz hohem Bedarf zurückgefahren. Eine weitere Erhöhung des Investitionsdruckes auf die Kommunen ist auch im Zusammenhang mit dem geplanten Rechtsanspruch auf Betreuung im Grundschulalter zu erwarten, den die KPV nur gutheißen kann, wenn die Finanzierung über das Konnexitätsprinzip abgedeckt wird.

5. Mehr Mittel für Staatsstraßen
Etliche Staatsstraßen befinden sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Zur Aufrechterhaltung einer flächendeckenden funktionierenden Infrastruktur muss der Freistaat hier mehr finanzielle Mittel aufwenden.

6. Flüchtlinge/Integration
Angesichts der hohen kommunalen Belastungen im Zusammenhang mit der Betreuung, Unterbringung und Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern (333,4 Mio. Euro in 2016) wird eine aufgabenbezogene finanzielle Entlastung der kommunalen Ebene außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs gefordert (sog. Open-BookVerfahren). Die KPV wertet es als ersten Erfolg, dass der Freistaat Bayern den Bezirken die Jugendhilfekosten für alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres komplett und für über 18-Jährige befristet teilweise erstattet. Bislang erfolgte die Erstattung nur für die nicht anerkannten minderjährigen Flüchtlinge. Die KPV unterstützt in diesem Zusammenhang folgende aktuellen Forderungen der kommunalen Spitzenverbände: Die im Rahmen der Erstunterbringung angefallenen und noch ungedeckten Kosten der Kommunen müssen zeitnah vom Freistaat übernommen werden. Zudem erwarten die Kommunen bei der Betreuung von unbegleiteten jungen Volljährigen zunächst eine tatsächlich hälftige Kostenbeteiligung des Freistaats und mit Blick auf die Kostenübernahme in den anderen Bundesländern in einem weiteren Schritt eine hundertprozentige Kostenerstattung der Sach- und Zweckausgaben. Keine kalte Kommunalisierung Aufgrund ihrer vielfältigen flüchtlingsbedingten Integrationsleistungen benötigen die Kommunen ferner einen angemessenen Anteil von den auf Bayern entfallenden Bundesintegrationsmitteln. Es darf zu keiner kalten Kommunalisierung der vor Ort anfallenden Integrationskosten kommen. Angeregt wird auch die Erarbeitung eines „Masterplans“ Integration auf Landesebene unter Beteiligung aller Akteure. Darüber hinaus muss sich der Freistaat auf Bundesebene für eine angemessene Anschlussregelung für die Übernahme der flüchtlingsbedingten Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für anerkannte Asyl und Schutzberechtigte durch den Bund einsetzen.

Stimmungen sind noch keine Stimmen

Dass es den Bayern in Summe „außerordentlich gut geht“, daran haben die Kommunen im Freistaat laut Ministerpräsident und CSU-Vorsitzendem Horst Seehofer einen großen Anteil. Gute Umfragewerte für die CSU vor den Bundestagswahlen am 24. September seien zwar ein Grund zum Optimismus, „jedoch sind Stimmungen noch keine Stimmen“, warnte Seehofer. Deshalb sei auch die Mobilisierung der eigenen Anhänger äußerst wichtig. Mit Blick auf einige programmatische Schwerpunkte hob der Parteivorsitzende zunächst das grundsätzliche Kernanliegen der KPV hervor, nämlich die Stärkung des ländlichen Raums und damit einhergehend die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Eine gezielte Strukturpolitik eröffne hier neue Chancen für Regionen mit besonderem Handlungsbedarf.

Soforthilfen für Sturmgeschädigte

Apropos ländlicher Raum: Seehofer verwies auf einen aktuellen Beschluss des Ministerrats, wonach die von einem Gewittersturm geschädigten Waldbesitzer in den Landkreisen Passau und Freyung-Grafenau Soforthilfen in Höhe von 100 Millionen Euro bekommen sollen. Mit schnellen Hilfen für die Sturmgeschädigten, mit logistischer Unterstützung und organisatorischen Weichenstellungen werde dabei geholfen, die schlimmen Folgen dieses Sturms zu bewältigen.

Standortfaktor Gesundheitsversorgung

Als enorm wichtigen Standortfaktor bezeichnete der Parteichef die Gesundheitsversorgung. Es gelte, eine ausreichende ärztliche Versorgung in ländlichen Räumen – inklusive Apothekenangebot – zu sichern. Dies beinhalte auch den Erhalt von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, die schnelle Verfügbarkeit von Notfallmedizin sowie den Erhalt der Geburtshilfe durch Hebammen.

Funktionierende Infrastruktur

Als ebenfalls herausragend für das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse wertete Seehofer die flächendeckende Verfügbarkeit von schneller Breitband- und 5GMobilfunkversorgung. Der Ausbau mit Glasfaser sei das Maß der Dinge. Auch stehe die Sanierung etlicher Staatsstraßen und damit die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden funktionierenden Infrastruktur auf der Agenda. Ferner verwies der Vorsitzende auf das von der CSU-Landtagsfraktion in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsregierung geschnürte Bildungspaket, das Maßstäbe quer über alle Schularten setze. Kernpunkte des Bildungspakets seien neben dem neuen bayerischen Gymnasium der Ausbau von Inklusion und die Stärkung der Förderschulen. Hier gebe es noch Nachholbedarf, stellte Seehofer fest. Insgesamt investiere Bayern mehr in Bildung als je ein anderes Bundesland zuvor.

Geordnete, gesteuerte, begrenzte Zuwanderung

Ablehnend steht der Parteichef dagegen dem Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz gegenüber. „Der Familiennachzug für Flüchtlinge, die nur vorübergehend bei uns bleiben können, wäre ein Irrweg“, erklärte Seehofer. Deshalb müsse der Familiennachzug für diesen Personenkreis „nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft ausgesetzt“ werden. Gleichzeitig warnte der CSU-Chef vor dem Entstehen von Ghettos in Deutschland: „Die Zeche der sozialen Spannungen würden wir in den nächsten Jahren bezahlen.“ Zudem erneuerte Seehofer seine Forderung nach einer Obergrenze von 200.000 Personen pro Jahr bei der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland. Mit diesem Instrument sei das Versprechen, dass sich das Jahr 2015 nicht wiederholen solle, „für jeden erkennbar sichergestellt“. „Ich möchte eine geordnete, gesteuerte, begrenzte Zuwanderung, damit die Integration gelingt“, unterstrich der Parteivorsitzende und forderte zudem, bereits an der Außengrenze der EU müsse über den Schutzbedarf von Migranten entschieden werden.

Fluchtursachen bekämpfen

Damit Schutzbedürftigen geholfen werden kann, müsse die Bekämpfung von Fluchtursachen vorrangiges Ziel deutscher Außen- und Entwicklungspolitik sein, ergänzte Seehofer. Länder in den Krisenregionen seien stärker zu unterstützen, damit sich die Menschen gar nicht erst auf den gefährlichen Weg nach Deutschland machen. In den Heimatländern und Anrainerstaaten müssten dazu Perspektiven für Flüchtlinge und einheimische Bevölkerung geschaffen werden.

Geltendes Recht anwenden

Mit überwältigender Mehrheit von der Landesversammlung verabschiedet wurde ein Antrag des KPV-Bezirksverbands Schwaben zum Thema „Geltendes Recht anwenden - Grenzen sichern - Menschenleben schützen“. Gefordert wird darin, „allen aus einem sicheren Drittstaat, wie z.B. Österreich nach Deutschland einreisenden Nicht-EU-Ausländern, die nicht über die erforderlichen Pass- oder Visa-Dokumente verfügen“, die Einreise nach Deutschland gemäß Art. 16 a Abs. 2 Grundgesetz und § 18 Abs. 2 Nr. 1 Asylgesetz zu verweigern. Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich für einen lückenlosen Gesetzesvollzug zu sorgen. Organisationen, die zur illegalen Einreise in die EU aufrufen oder sogar Anstiftung bzw. Beihilfe zur illegalen Einreise leisten, müssten durch die zuständigen Innenminister verboten werden. Sie dürften zumindest nicht Empfänger von staatlichen Mitteln sein. Ein etwaiger Gemeinnützigkeitsstatus müsse entzogen werden. „Etwa 500.000 Ausländer halten sich trotz eines abgelehnten Asylantrags ausreisepflichtig weiterhin in Deutschland auf. Zahllose, zum Teil extremistische Verbände, Vereine, Politiker und Kirchenvertreter agitieren gegen rechtmäßige Abschiebungen, die ohnehin nur in sehr geringem Umfang stattfinden“, heißt es in dem Antrag. Man dürfe nicht länger zulassen, dass der Rechtsstaat durch selbsternannte „Flüchtlingshelfer“ und Einwanderungslobbyisten unterminiert wird. Daher müssten der Bundesinnenminister und die zuständigen Landesinnenminister alle rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel ergreifen, um rechtswidrige Aktivitäten zur Verhinderung von Abschiebungen oder zur Ermöglichung illegaler Einreisen, zu unterbinden.


Quelle: Doris Kirchner in "Bayerische Gemeindezeitung" 17/2017
Link zur Onlineausgabe: http://www.gemeindezeitung.de/aktuelle-gz.pdf